Augsburger Allgemeine (Land West)
Eine Bahnfahrt, die ist lustig
Typologie Wenn der Pendler auf den Junggesellenabschied trifft: Im Zug lassen sich viele Passagiere beobachten
Landkreis Augsburg
Von morgendlichen Menschenmassen auf dem Weg zur Arbeit über lustige Sprüche des Schaffners bis hin zur Zitterpartie bei Verspätungen: Zum Thema Zugfahren hat fast jeder Geschichten über abenteuerliche Reisen und außergewöhnliche Mitfahrer parat. Eine nicht ganz ernst gemeinte Typologie.
Die Familie
● Erkennt man vor allem daran, dass sie einen Vierertisch belegen. Ginge es nach den Kindern, sollte aber am besten der gesamte Waggon in Beschlag genommen werden. Wahrend der Vater mit der Kinderwagenbremse kämpft oder das Baby spazieren trägt, versucht die Mutter, die beiden Älteren auf den Sitzen zu halten. Doch, statt sich still mit den ausgebreiteten Spiel- und Malsachen zu beschäftigen, fetzen sie lieber im Formel-1-Tempo durch den Zug.
Das Baby
● Im selten eintretenden Optimalfall liegt es friedlich schlafend im Kinderwagen. Viel öfter jedoch hält es sämtliche Bahnfahrer mit nicht enden wollenden Schreikrampfen wach. Die Eltern versuchen verzweifelt, ihr Kind zu beruhigen. Oftmals artet das aus in einen Streit darum, was dem Nachwuchs fehlen könnte. Aber auch, wenn das Baby ruhig ist, nimmt es alle in Beschlag. Die Eltern meinen, es stets mit etwas beschäftigen zu müssen, wobei sich die alte Dame von nebenan gern einmischt und von ihren Kindern und Enkeln berichtet.
Das Pärchen
● Am Bahnsteig rückt die bevorstehende Trennung näher. Nach einem langen Abschiedskuss bleibt dem Zurückgelassenen nichts mehr, als dem Zug hinterherzuwinken. Die Pärchen, die zusammen reisen, suchen sich einen Zweiersitz. So können sie während der Fahrt in Ruhe kuscheln. Die streitende Version redet sich schon am Bahnhof in Fahrt und betritt völlig in Rage den Zug. Dort wird mit gedämpfter Stimme weiterdiskutiert. Trotzdem lauschen die meisten Mitfahrer, welche Probleme das Liebespaar beredet. Oft sind es Lappalien.
Der Musikhörer
● Selbst mit Kopfhörern beschallt er sämtliche Bahnreisenden in seinem Umkreis. Seine Devise: Je lauter und harter, desto besser. Fasst sich der Sitznachbar ein Herz und bittet den Musikhörer darum, die Musik etwas leiser zu stellen, wird dies nicht selten mit Unverständnis und Augenrollen beantwortet. Die angenehmeren Vertreter verringern mit einem dahingenuschelten Kommentar den Pegel. Wohingegen die völlig Uneinsichtigen jetzt erst recht aufdrehen.
Der Gangsitzer
● Ist gerade an Hauptreisetagen in Fernzügen zahlreich vorhanden und bevölkert sämtliche Durchgänge und Türbereiche. Meist ist dies einem Mangel an freien Platzen geschuldet. Seine Hauptbeschäftigung besteht darin, sein Gepäck und sich an die Wand zu drücken und mit angezogenen Beinen Schaffnern und Mitreisenden den Weg freizumachen.
Der Redebedürftige
● Sei es der vorbeikommende Schaffner oder der ahnungslose Sitznachbar: Jeder Mensch im Umkreis wird sofort in Beschlag genommen. Ein Gesprächsthema hat er immer parat. Gerne mischt er sich in bereits laufende Gespräche ein und gibt, für den gesamten Zug vernehmbar, seine Meinung zum Besten. Am Zielbahnhof ist der Sitznachbar froh, die Unterhaltung höflich beenden zu können.