Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie man Energie in den eigenen vier Wänden spart
Aktion Hartmut Adler ist Energieberater. Für die Energiekarawane zog er durch Neusäß. Seine Erfahrung zeigt: Energie sparen kann jeder
Neusäß
Wenn Hartmut Adler in Neusäß auf Tour geht, verlässt er sich auf zwei Hilfsmittel. Der 68-jährige unabhängige Energieberater scannt mit Augen und Händen Häuser und Wohnungen. Sein Ziel: Menschen beraten, wie sie Energie sparen können. Er begutachtet Heizkessel, Außenfassaden und isolierte Leitungen, gibt Tipps und berät.
Mehr als 15 Eigentümer hat er in den vergangenen zwei Monaten aufgesucht. Zusammen mit vier weiteren Beratern zog er durch das Beethovenviertel. Insgesamt 150 Beratungstermine setzte die Stadt an. Eine der letzten Stationen führte Adler zu Walter Ehmann. Der 65-Jährige lebt seit 1980 im Einfamilienhaus der Schwiegereltern. Baujahr des Gebäudes war 1952, ein Anbau folgte vor 20 Jahren. Es gibt eine Zentralund Fußbodenheizung, die Fenster wurden vor einigen Jahren von Holz auf Kunststoff ausgetauscht.
Das Vorgehen von Adler ist bei jedem Termin gleich: Ausgestattet mit einer Checkliste durchkämmt er das Wohnobjekt, fragt nach, richtet seinen Blick auf Objekte, die Energie verbrauchen.
Im Haus von Ehmann ist der größte Energiefresser schnell ausgemacht: Im Keller läuft seit 20 Jahren derselbe Kessel der Ölheizung. Adler rückt seine Brille weit nach vorne, geht in die Hocke, schaltet die Taschenlampe seines Handys an. Mit den Fingern fährt er die Armaturen entlang. „Die Lebenserwartung von solchen Heizungen liegt in Deutschland im Schnitt bei 15 Jahren“, sagt er zu Ehmann. Würde er den Kessel mit dem gleichen Modell ersetzen, spare Ehmann im Jahr bis zu 25 Prozent an Energiekosten ein. Adler zieht den Vergleich mit dem Auto: „Das fährt man ja auch nicht, bis es auseinanderfällt.“
Da nicht jeder Hausbesitzer so tief im Thema stecke wie er, hat er den Anspruch bis ins Detail zu erklären. „Einen hydraulischen Abgleich? Den haben wir gemacht“, sagt Ehmann. Überzeugt ist Adler nicht, hakt nach und sagt: „Das schauen wir uns einfach noch mal in Ruhe an.“Direkt im Anschluss präsentiert Adler den nächsten Tipp: Eine Zeitschaltuhr verhindere, dass die Pumpe regelmäßig ein- und ausschalte. Zwar verbrauche diese nur 15 Watt, doch auch das rechne sich, sagt Adler.
Eine Stunde dauert die Beratung. Der Service ist für die Bewohner kostenlos. Die aufsuchende Beratung komme gut an, sagt Margit Spöttle von der Energieagentur Augsburg. „Wir erreichen so Menschen, die sonst nicht zu einer Beratung gegangen wären.“Zwischen 20 und 57 Prozent der angesprochenen Bürger lassen sich beraten. Die Rückmeldung aus Neusäß sei bisher positiv. Ein Fazit könne erst in einem Jahr gezogen werden, wenn nachgefragt wird, ob etwas am Haus saniert wurde. Bei den Karawanen in anderen Orten wurden im Schnitt 18 000 Euro pro Person investiert.
Benjamin Schröter, Energieteamleiter der Stadt Neusäß, sagt: „Wir waren überrascht über die guten Zustände der Häuser. Extreme Beispiele gab es nicht.“Oft koste es den Beratenden etwas Überwindung, sich beraten zu lassen. „Das Problem ist, dass viele denken, sie wissen gut Bescheid“, sagt Energieberater Adler. „Wir sind gespannt, was in einem Jahr alles geändert wurde“, sagt Spöttle. In anderen Gemeinden setzten bis zu 60 Prozent die präsentierten Vorschläge um.
Walter Ehmann ist zufrieden mit der Beratung: „Ich hab einige Anregungen bekommen. Wenn ich etwas am Haus verändere, werde ich wahrscheinlich den Heizkessel austauschen.“