Augsburger Allgemeine (Land West)
Was das Gänseblümchen alles kann
Natur Naturführerin Cornelia Stimpfle kennt die heilsamen Wirkungen der hübschen Pflanze. Eine Führung in Oberschönenfeld
Jeder kennt das Gänseblümchen und das „Liebt mich, liebt mich nicht“-Orakelspiel mit dessen Blütenblättern. Doch über seine heilenden Kräfte ist kaum jemand informiert. Das will der Naturpark Augsburg - Westliche Wälder ändern. Im Rahmen des Oberschönenfelder Kräutersommers bot die Einrichtung einen zweistündigen Spaziergang auf dem Klostergelände an. Dabei nahm die Naturführerin Cornelia Stimpfle die hübsche und zugleich wirkstoffreiche Wiesenpflanze genauer unter die Lupe und erläuterte den rund 20 Teilnehmern viel Interessantes und Informatives. Hier, auf den Wiesen des Oberschönenfelder Klostergeländes, darf sich das Gänseblümchen noch ausbreiten. Es gibt keine hochwüchsigen Gräser oder Blumen, die ihm das Licht wegnehmen. Mit seinen leuchtenden weiß-gelben Blütenköpfchen ziert es das satte Grün. „Viele Menschen sehen die Pflanze leider als Unkraut im Rasen an und vernichten es“, so Cornelia Stimpfle bedauernd.
Die Naturführerin erzählt, dass rund 15 Zentimeter hohe Wiesenblume keine großen Ansprüche stellt. Überall, wo es genügend Nährstoffe gibt, breite sie sich aus. Sogar das Abmähen nehme sie nicht übel, selbst im Winter und bei Bodenfrost bleibe sie noch grün. „Das Gänseblümchen ist ein strategischer Überlebenskünstler mit großer Zähigkeit“, resümiert sie.
Doch kaum einer weiß, dass es sich hier um eine alte Heilpflanze handelt, die von der Volksmedizin geschätzt wird. Vor allem in der Kinderheilkunde habe das Gänseblümchen einen besonderen Platz, macht Stimpfle aufmerksam. Es löse sanft den Schleim bei Husten, kühle blaue Flecken und Prellungen, helfe bei Fieber, Schürfwunden, Schwächezuständen, Erkältungen und Durchfall und mildere Juckreize. Und auch für die Erwachsenen hält es eine Reihe von Einsatzmöglichkeiten bereit. Kräuterkundige verwenden das Gänseblümchen bei Stoffwechselleiden, Kopfschmerzen und Menstruationsbeschwerden, als Magen-, Galle- und Lebermittel.
Warum das so ist? Auch das erläutert Cornelia Stimpfle, die als Wirtschafterin für Landbau tätig und seit 15 Jahren Naturführerin ist: „Die Pflanze enthält ätherische Öle, Vitamine, Bitter-, Gerb- und Mineralstoffe.“Dennoch sei heute die arzneiliche Wirkung von Gänseblümchen weitgehend in Vergessenheit geraten. Um das breitgefächerte Heilpotenzial wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rufen, hat der Verein zur Förderung der naturgemäßen Heilweise nach dem griechischen Philosophen und Naturforscher Theophrastus die Blume zur „Heilpflanze des Jahres 2017“gekürt.
Tausendschön, Maßliebchen und mehr
Wie kaum eine andere Blume wartet das Gänseblümchen im Volksmund mit vielen Namen auf: Tausendschön, Maßliebchen, Augenblümchen, Marien- oder Regenblume. „Letzteres, weil sie nicht nur am Abend, sondern auch bei aufziehendem Regen ihre Blüten schließt“, informiert Stimpfle. Die botanische Bezeichnung der kleinen Pflanze lautet „bellis perennis“(ganzjährig hübsch). Diese Eigenschaft erkennen die Teilnehmer der Führung auf den ersten Blick. Die Pflanze bedie steht aus weiß-rosa Zungen- und in der Mitte aus gelben Röhrenblüten. „Der Name führt darauf zurück, weil sie früher oft auf Gänseweiden vorkam“, verdeutlicht die Naturführerin. Mit der Namensvielfalt gehen auch mystische Hoffnungen einher. So soll eine Gänseblümchenwurzel-Kette Glück und Intelligenz verleihen. „Früher hat man auch geglaubt: Wer im Frühjahr auf drei Gänseblümchen gleichzeitig tritt und diese isst, sei im restlichen Jahr von Zahnschmerzen, Augenbeschwerden und Fieber verschont“, so die Naturführerin schmunzelnd.
Das Gänseblümchen ist aber auch als frische Speisezutat geeignet. Beim Verzehr benennen einige Teilnehmer den Geschmack als nussig, honigsenfig und herb-würzig. Die Eignung sowohl für herzhafte als auch süße Rezepte stellt Cornelia Stimpfle zum Abschluss der Führung eindrucksvoll unter Beweis. Sie serviert leckeren Gänseblümchen-Tee, Gänseblümchen auf dem Butterbrot, als leckeres Gelee und als köstliche Pralinen. Auf dem Teller seien die Blüten eine wunderschöne essbare Dekoration für Salate und Suppen, ergänzt sie.