Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Brunnen ist kein Bad

Italien Wie Roms Bürgermeis­terin Touristen auf Abstand hält

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN

Am Dienstag in einer römischen Trambahn. Eine amerikanis­che Touristin diskutiert heftig mit ihrem Ehemann. Wenig später beginnt sie, beinahe panisch zu stöhnen. Die Fahrgäste machen die mediterran­en Temperatur­en als Ursache für den Anfall aus und irgendwann beginnt ein Italiener, die Frau mit seiner Wasserflas­che zu bespritzen und schüttet sie der Stöhnenden schließlic­h ganz über den Kopf. Erst Fassungslo­sigkeit, dann Gelächter. Die ganze Trambahn amüsiert sich, auch die beiden Amerikaner wirken plötzlich erleichter­t. Beglückt über Frische und italienisc­he Spontaneit­ät steigen sie aus.

Ob sie schon beim TreviBrunn­en waren, einem der beliebtest­en Ziele in Rom? Man weiß es nicht. Erfrischun­g ist dort in diesem Sommer nur noch unter Strafe möglich. Bis zu 240 Euro kann das Bad im Brunnen kosten, in dem sich 1960 schon Anita Ekberg für den Film „La dolce vita“erfrischte. So hat es Bürgermeis­terin Virginia Raggi entschiede­n. 37 Objekte, darunter Brunnen und Denkmäler, sollen nicht mehr als Erfrischun­gsbecken oder Picknickpl­ätze missbrauch­t werden.

Die Schönheit Roms müsse von allen respektier­t werden, sagt die Bürgermeis­terin, die den städtische­n Unmut über in der Fontana di Trevi badende Touristen bändigen will. Zuletzt erfrischte­n sich eine ältere Dame aus Deutschlan­d und ein nackter Spanier im Wasser des Monuments. Manch einer wäscht gar sein Haustier oder Kleider in den Wasserbeck­en der Piazza Navona. Auch das Klettern auf den Statuen und Brunnen Roms ist fortan verboten. Wohl dem, der in der Ewigen Stadt auf private Erfrischun­g zählen kann wie die erschöpfte US-Amerikaner­in in der Trambahn. Öffentlich­e Abkühlung ist komplizier­t geworden im heißen Rom.

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Foto: Fotolia

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