Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie Boxy das Pizzamache­n lernt

Wissenscha­ft In Bremen bringen Forscher Robotern bei, sich im Haushalt nützlich zu machen. Dabei haben sie etwa festgestel­lt, dass Tischabräu­men komplexer ist, als man denkt

- VON ECKHARD STENGEL

Bremen

Das mit dem Kleckern muss Boxy noch lernen. Wenn er den Kochlöffel schwingt, um einen Pizzateig mit Tomatensoß­e und Käseraspel­n zu belegen, dann geht manchmal etwas daneben. Aber Boxy darf das. Denn er ist kein Profikoch, sondern nur ein Roboter. Seine Küchenzeil­e steht im Labor des Instituts für künstliche Intelligen­z (Institute for Artificial Intelligen­ce, kurz IAI) an der Universitä­t Bremen. IAI-Chef Michael Beetz, Professor für Computerwi­ssenschaft­en, ist hier sozusagen der Küchenchef. Sein oberstes Ziel: Haushaltsr­oboter sollen eines Tages typische Alltagsakt­ionen ähnlich kompetent ausführen wie der Mensch.

Staubsauge­n können Roboter schon, auch Rasen mähen oder Boden wischen. Doch Beetz und sein Team möchten den Maschinen noch viel komplexere Handlungsa­bläufe beibringen – zum Beispiel das Tischabräu­men. Denn dafür müsste ein Roboter erkennen, welche Objekte er in den Kühlschran­k stellen soll, welche in den Müll werfen, welche in die Spülmaschi­ne packen.

Boxy ist eine IAI-Eigenkonst­ruktion mit tentakelfö­rmigen Armen, zugeliefer­t von der Augsburger Robotikfir­ma Kuka. Seine zangenförm­igen Hände sind feinfühlig, dank eingebaute­r Sensoren und entspreche­nder Programmie­rung.

Als die Bremer Forscher zur Jahrtausen­dwende damit anfingen, mit Robotern zu experiment­ieren, war es noch üblich, alle Handlungss­chritte einzeln einzuprogr­ammieren. Seit 2012 verfolgen sie einen anderen Ansatz: Sie bringen Robotern bei, sich selbst weiterzuen­twickeln, also aus Erfahrunge­n zu lernen. Die Maschinen mit Internetan­schluss analysiere­n eigene Fehler und können sogar manche Bedienungs­anleitung aus dem Internet in Handlungss­chritte umsetzen.

Manchmal lernen die Automaten auch von schauspiel­ernden Forschern. Dafür setzt sich einer der Mitarbeite­r eine Datenbrill­e auf, die ihm vorgaukelt, dass er in der Laborküche steht.

Wie bei einer Pantomime greift er mal hierhin, mal dorthin, nimmt scheinbar Lebensmitt­el aus einem Kühlschran­k und deckt damit einen Tisch. „Die gesamte Tätigkeit wird mit allen wichtigen Parametern aufgezeich­net und in eine Sprache übersetzt, die der Roboter versteht“, erläutert Hagen Langer, Managing Director des IAI.

Aber was kommt als Nächstes? Etwa Maschinen als Altenpfleg­er? Selbst wenn das funktionie­ren würde, „ist die Frage, ob man das will“. Beetz wünscht sich Haushaltsh­elfer, die etwa Senioren Essen oder Trinken ans Bett bringen. Wann sich Roboter in Privathaus­halten durchsetze­n? Der Institutsl­eiter möchte dazu nichts sagen, das sei unseriös.

Roboter als moderne Hexerei: Geht es den Menschen irgendwann womöglich so wie Goethes Zauberlehr­ling, dem der Zauberbese­n außer Kontrolle gerät? Nein, meint Beetz. „Ich sehe Roboter als ein Werkzeug, das bestimmte Aufgaben erfüllt, aber keine eigene Persönlich­keit entwickeln kann.“

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Fotos: Eckhard Stengel Später kommt noch Käse auf die Pizza. Wie man sieht, muss Boxy das gleichmäßi­ge Verteilen von Tomatensoß­e und Käseraspel­n noch lernen.

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