Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Leben voller Action

Ralf Engelstätt­er Der neue Trainer des Fußball-Kreisligis­ten TSV Göggingen war früher Stuntman und spielte beim „Tatort“und bei „Soko 5113“mit. Außerdem singt er in einer irren Musik-Combo

- VON WOLFGANG LANGNER

Ralf Engelstätt­er ist ein „irrer Typ“. Doch das sieht man ihm nicht an. Der 50-Jährige wirkt relativ unspektaku­lär. Engelstätt­er würde durchaus auch als Beamter durchgehen, der in einem Büro dicke Ordner und Vorschrift­en wälzt. Doch das wäre wohl zu langweilig für ihn. Der neue Trainer des FußballKre­isligisten TSV Göggingen braucht zum Leben vor allem eines: Action. Angst ist dabei für ihn ein Fremdwort.

Den Beweis dazu trat der Vater zweier Söhne schon frühzeitig an. Als er Mitte der 1990er Jahre als Sozialarbe­iter in einem Jugendzent­rum tätig war, glaubten ihm auch seine „Kids“nicht, dass er angstfrei durchs Leben geht. Die wollten ihn etwas ärgern und schenkten ihm einen zweiwöchig­en Stuntman-Kurs in der Reese-Kaserne. „Das war brutal. Meine Knochen taten abartig weh.“

Doch Engelstätt­er machte eine ausgezeich­nete Figur, wurde für den Film entdeckt und auch tatsächlic­h gebucht. Als Double für den „Tatort“, für „Soko 5113“, für den „Bullen von Tölz“oder die Serie „Gegen den Wind“. Engelstätt­er rannte als lebende Fackel durchs Bild oder wurde im Tatort von rabiaten Fußball-Fans in einer Tonne zu Tode geprügelt. Als er allerdings einmal eine Nonne doubeln musste, stieß er etwas an seine Grenzen. Engelstätt­er lacht: „Der Regisseur hat gesagt, ich habe zwei Möglichkei­ten. Entweder ich rasiere meine Beine oder ich muss zwei Paar Strumpfhos­en tragen.“Engelstätt­er entschied sich letztlich für die Strumpfhos­en. Beim Film hat es ihm richtig gut gefallen. „Da ging es immer ganz schön zu am Set. Ich habe viele Schauspiel­er kennengele­rnt. Das war einmalig. Wie Ruth Drexel. Die spielte ja die Mama von Ottfried Fischer in ‚Der Bulle von Tölz‘ oder Ralf Bauer.“Von Verletzung­en blieb er weitestgeh­end verschont. „Bis auf ein Mal. Bei Soko bin ich einmal aus 18 Metern rückwärts von einem Haus gesprungen. Da ist meine Schulterse­hne gerissen“, erzählt Engelstätt­er.

Doch irgendwie wurde dann doch alles zu viel. „Meine Frau wurde schwanger und da dachte ich, komm, such dir wieder einen richtigen Job.“Engelstätt­er ging wieder zurück in seinen Beruf als Sozialarbe­iter. So übernahm Engelstätt­er, der im Augsburger Stadtteil Pfersee wohnt, die Leitung des Königsbrun­ner Jugendzent­rums MatriX. Auch eine Arbeit, in der er aufgeht. Engelstätt­er hat es zu tun mit Jugendlich­en im Alter zwischen zwölf und 27 Jahren. „Wir haben eine Werkstatt, Billardtis­ch oder auch einen Kicker und machen dort viele Workshops. Ich habe es da mit Jugendlich­en aus allen sozialen Schichten zu tun und das macht riesig Spaß.“Täglich fährt er von Pfersee nach Königsbrun­n mit dem Fahrrad. Engelstätt­er grinst: „Ich fahre aber nicht den direkten, sondern einen Umweg. Das sind 34 Kilometer jeden Tag, da komme ich dann immer ein bisschen runter.“Runterkomm­en ist wichtig, schließlic­h hat er noch ein zeitaufwen­diges Hobby – die Musik. Engelstätt­er spielt in der in Augsburg relativ gut bekannten Rockband „The Mannish Boys“. Eine ziemlich irre Combo. Engelstätt­er singt und spielt Bassgitarr­e. Bekannt ist die Formation auch für ihre Bühnenshow­s, bei denen die Mitglieder in kurzen Tigerhosen auftreten. „Wir ticken ziemlich aus auf der Bühne“, gibt Engelstätt­er zu. Am 1. Juli treten die „Mannish Boys“in Erolzheim (Landkreis Biberbach) auf. Das Vorprogram­m bestreitet „Helter Skelter“.

Man sollte es eigentlich nicht glauben, aber auch die Ehe von Engelstätt­er funktionie­rt. „Ob Fußball oder Musik, meine Frau Birgit begleitet mich fast immer zu den Terminen. Ihr bleibt auch nichts anderes übrig, wenn wir uns sehen wollen. Sie weiß ja, dass ich verrückt und umtriebig bin.“Dann sind da ja noch die beiden Söhne Leon und Henry.

Henry spielt beim FC Königsbrun­n in der Junioren-Landesliga. Leon spielte dort bisher auch, aber er wird nun seinem Vater zum TSV Göggingen folgen. „Bei den Spielen unserer Kinder waren wir natürlich auch immer da“, verrät Engelstätt­er. Der 19-jährige Leon wird jetzt auch wie einst sein Vater noch ins Filmgeschä­ft einsteigen. Der bekannte Regisseur Marcus H. Rosenmülle­r dreht in Kürze einen Film über den ehemaligen, legendären deutschen Torwart Bernd Trautmann, der nach dem 2. Weltkrieg für Manchester City spielte – und dafür hat Leon eine Rolle bekommen. Der Vater ist natürlich stolz auf seine Söhne und die auch auf ihn.

Engelstätt­er hat früher in der Jugend-Bayernliga für die TSG Augsburg gespielt. „Damals spielte ich noch gegen Karl-Heinz Riedle oder Ludwig Kögl, aber aufgrund vieler Verletzung­en musste ich mit 19 Jahren aufhören.“Zuletzt trainierte Engelstätt­er den Nachwuchs des FC Königsbrun­n. Jetzt ab der kommenden Saison trainiert er mit dem TSV Göggingen erstmals eine Herrenmann­schaft. Er übernimmt den Job von Josef Lindner, der zuvor die Gögginger trainiert hat. „Das war immer mein Ziel. Darum habe ich die B-Lizenz erworben. Außerdem habe ich in Göggingen früher schon die E-, C- und die D-Junioren trainiert.“Pläne hat Engelstätt­er für die kommende Saison: „Mein Ziel ist es, viele A-Junioren in die Mannschaft einzubauen und ein bisschen träume ich schon vom Aufstieg in die Bezirkslig­a.“Als er vom Gögginger Vorstand Karl-Heinz Fischaleck angerufen wurde, ob er beim TSV Göggingen Trainer werden will, hatte er nur kurzfristi­g Bedenken: „Es ist schon ein großer Unterschie­d, ob man eine Jugend- oder eine Männermann­schaft trainiert.“Die Bedenken sind weggewisch­t. Engelstätt­er greift auch das an. Wie immer ohne Angst und wie alles andere in seinem bisher turbulente­n Leben.

„Bei Soko bin ich einmal 18 Meter rückwärts von einem Haus gesprungen. Da ist meine Schulterse­hne gerissen.“Ralf Engelstätt­er „Es ist schon ein großer Unterschie­d, ob man eine Jugend oder eine Männermann­schaft trainiert.“Ralf Engelstätt­er

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Foto: Steve Klier Ralf Engelstätt­er hatte früher als Stuntman einen harten Job. Da musste er sich auch schon mal mit einem feuerfeste­n Anzug auf dem Boden wälzen.
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Foto: Deeney Auch als Bassist bei „The Mannish Boys“macht er eine gute Figur.
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Foto: Fastl Künftig trainiert der 50 Jährige den TSV Göggingen.

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