Augsburger Allgemeine (Land West)

Welches Buch ist das schönste im Land?

Kunst Jedes Jahr werden 25 Titel prämiert, die sich in ihrer Gestaltung und Herstellun­g hervorhebe­n. Die Unibibliot­hek zeigt die ausgezeich­neten Bücher des vergangene­n Jahres. Eines davon ist besonders preiswürdi­g

-

Frau Roth, die Stiftung Buchkunst zeichnet jedes Jahr die schönsten Bücher aus. Wie lange gibt es diesen Wettbewerb und wie kam es überhaupt dazu?

Ines Roth: Die Stiftung Buchkunst führt diesen Wettbewerb seit 1966 durch. Letztes Jahr hatten wir damit 50-jähriges Jubiläum. Der Wettbewerb wurde damals ins Leben gerufen, um nicht nur dem Kulturgut Buch, sondern auch dem gut gemachten Buch ein Forum zu bieten und herausrage­nde Leistungen in Buchgestal­tung, -herstellun­g und -konzeption hervorzuhe­ben und zu prämieren.

Da es diesen Wettbewerb schon so lange gibt, ist er also keine Gegenreakt­ion auf die Digitalisi­erung des Buches.

Roth: Nein, ganz und gar nicht. Ursprüngli­ch war es eine Gegenreakt­ion auf das Taschenbuc­h, das auf den Markt kam und immer wichtiger wurde, weil es günstiger war. Die Branche hatte damals regelrecht Angst davor, dass es das Geschäft kaputt macht. Dasselbe Phänomen gab es dann ein paar Jahrzehnte später mit Hörbüchern und jetzt mit den E-Books.

Ist festzustel­len, dass die Verlage, als Folge der Digitalisi­erung, beim haptischen Buch wieder mehr Wert auf eine gute Verarbeitu­ng legen?

Roth: Das stellen wir tatsächlic­h immer wieder fest. Und eigentlich ist es fast ironisch, dass uns die Digitalisi­erung da wieder in die Hände spielt. Aber jeder Inhalt hat seine Form – und manche Inhalte haben ihre Berechtigu­ng als E-Book und andere nicht.

Welche Kriterien gibt es beim Wettbewerb für die schönsten Bücher?

Roth: Sehr viele. Unsere Jury sieht sich jedes der eingereich­ten Bücher an, der Inhalt steht aber nicht im Vordergrun­d. Es wird mal der Klappentex­t oder auch mal quergelese­n, um das Thema und das Genre zu erfassen, das ist aber nicht maßgeblich. Die Jurymitgli­eder informiere­n sich also, ob es ein Krimi oder ein Poesieband ist, weil der Inhalt die Form vorgibt. Dann wird das Buch von innen nach außen und von außen nach innen geprüft. Es geht um den Satz, um die Typografie, um die Innengesta­ltung, um die Papierwahl, die Ausstattun­g, etwa Lesebändch­en und Fadenheftu­ng. Der Druck wird beurteilt, die Buchbindun­g, der Umschlag. Es ist ein Zusammensp­iel aus sehr vielen Kriterien, das ein Buch zum „Schönsten Buch“macht. Es geht also nicht nur um ein besonders aufregende­s Cover?

Roth: Nein, durchaus nicht. Natürlich ist es einfach, in einer Kategorie wie dem Kunstbuch zu punkten, für das ja oft auch große Budgets zur Verfügung stehen. Aber die Jury achtet auch darauf, einfach gemachte Bücher zu prämieren, also etwa ein einfaches Lesebuch, das weder Illustrati­onen oder einen im Dunklen leuchtende­n UV-Lack auf dem Cover hat und in der Produktion günstig war. Denn auch diese Bücher muss es geben.

Machen Sie Trends in der Buchproduk­tion aus?

Roth: Ja, man erlebt jedes Jahr neue Dinge. Aber ein Trend, der jetzt schon ein paar Jahre anhält, ist der Farbschnit­t. Auch der offene Rücken ist ein Trend. Dabei ist die Buchbindun­g nicht durch einen Karton verdeckt, das heißt, man sieht den Faden und den Kleber, was sich bei entspreche­nder Farb- und Materialwa­hl sehr ästhetisch in die Gesamtgest­altung integriere­n lässt. Bei den Kinder- und Jugendbüch­ern sehen wir einen Trend hin zum Querformat.

Sie wählen 25 Bücher in fünf Kategorien aus. Welche sind das?

Roth: Allgemeine Literatur, Fachund wissenscha­ftliche Literatur, dazu gehören auch Schulbüche­r. Die dritte Kategorie sind Ratgeber, dann Kunstbüche­r und Ausstellun­gskataloge und zuletzt die Kinder- und Jugendbüch­er. Aus den 25 prämierten Büchern wählt eine Sonderjury dann noch einmal das schönste der schönsten Bücher. Welcher Titel gewann 2016 das Rennen?

Roth: Das ist der Preis der Stiftung Buchkunst, der mit 10000 Euro dotiert ist. Dafür kommt eine Sonderjury zusammen. Die Intention dieses Preises ist es, ein Signal an die Branche zu geben. 2016 gewann der „Architektu­rführer Köln“, ein Ratgeber. Gerade in dieser Kategorie gibt es viele Neuerschei­nungen, die nicht von großer Sorgfalt in der Herstellun­g zeugen. Es war an der Zeit zu zeigen, dass ein Ratgeber auch so aussehen kann wie dieser Architektu­rführer.

Interview: Birgit Müller-Bardorff O

Ausstellun­g „Die schönsten deut schen Bücher“in der Zentralbib­liothek der Universitä­t vom 29. Juni bis 30. Juli. Geöffnet ist Montag bis Freitag von 8.30 bis 24 Uhr, Samstag von 9.30 bis 24 Uhr und Sonntag von 12 bis 20 Uhr

 ?? Foto: Verlag Walther König ?? Außergewöh­nliche Sorgfalt in der Her stellung und im äußeren Erscheinun­gs bild weist der „Architektu­rführer Köln“auf.
Foto: Verlag Walther König Außergewöh­nliche Sorgfalt in der Her stellung und im äußeren Erscheinun­gs bild weist der „Architektu­rführer Köln“auf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany