Augsburger Allgemeine (Land West)
Nitrat im Trinkwasser spielt in Augsburg keine Rolle
Umwelt Doch eine Studie des Umweltbundesamtes mahnt im Stadtgebiet weniger Einsatz von Dünger an, um die Konzentration im Grundwasser zu reduzieren. Was es mit dem scheinbaren Widerspruch auf sich hat
Die Studie des Umweltbundesamtes sorgte vor eineinhalb Wochen für ziemlichen Wirbel: Es ging darin um die errechneten Werte, wie viel weniger Dünger in Landkreisen und kreisfreien Städten auf den Feldern gestreut werden darf, damit das Grundwasser nur schwach mit Nitrat belastet wird. Im Stadtgebiet Augsburg müssten laut der Studie zwischen 20 und 40 Kilo weniger Stickstoff pro Jahr und Acker-Hektar ausgebracht werden, denn: Wo die Nitratwerte zu hoch seien, kämen früher oder später Kosten auf die Trinkwasserversorger zu, um das Wasser aufzubereiten, warnen die Autoren.
Das ist eine Botschaft, die auf den ersten Blick irritiert, weil die Stadtwerke Augsburg damit werben, dass in ihrem Trinkwasser, das nach seiner Förderung übrigens nicht mehr aufbereitet werden muss, nur sehr geringe Nitrat-Konzentrationen vorkommen. Der Grenzwert liegt bei 50 Milligramm je Liter, das Augsburger Trinkwasser kommt mit gewissen Schwankungen – etwa aufgrund von Jahreszeit oder nach einem Starkregen – auf rund sechs Milligramm. „Wir sind jedenfalls immer unter zehn Milligramm. Somit ist unser Wasser für die Zubereitung von Säuglingsnahrung geeignet“, sagt Franz Otillinger, Leiter der Trinkwasserversorgung der Stadtwerke.
Hintergrund des scheinbaren Widerspruchs ist, dass das Umweltbundesamt auf Basis von Nitratwerden an Grundwassermessstellen ausgerechnet hat, wie viel Dünger gestreut werden darf, damit die Nitratkonzentration im Sickerwasser, das von Äckern aus ins Grundwasser gelangt, nicht zu hoch ist. Mit den Werten im Trinkwasser, das nur an bestimmten Stellen aus dem Boden gepumpt wird, hat das nur bedingt zu tun. Allerdings sind hohe Hintergrundwerte im Grundwasser ein grundsätzliches Umweltproblem.
Bei den Stadtwerken hat man die Studie und den anschließenden Streit zwischen Umweltbundesamt und dem Landwirtschaftsverband aufmerksam beobachtet. Mit hohen Nitratwerten hatten die Stadtwerke vor mehr als 20 Jahren zu kämpfen, bevor sie sich ein Modell zur Reduktion überlegten. „Wir leben auf einer Insel der Glückseligen, aber wir haben uns diese Insel selbst geschaffen“, sagt Otillinger. Denn Wasser mit weniger als zehn Milligramm Nitrat aus dem Boden zu pumpen zu können, sei nicht selbstverständlich. Im engsten Trinkwasserschutzgebiet im Siebentischwald, wo die meisten Brunnen stehen, klappt das. Doch schon im westlichen Bereich des Waldes, der näher am Siedlungsgebiet liegt, werden 20 bis 40 Milligramm gemessen. Und westlich der alten B17 kommen Werte von mehr als 40 Milligramm heraus – wo man nichts tut, steigt die Konzentration.
Um die Werte im Zuflussbereich ihrer Brunnen zu senken, kauften die Stadtwerke vor mehr als 20 Jahren ungefähr die Hälfte der Äcker im Einzugsbereich. Mit dem Rest der Bauern machte man zum großen Teil Verträge – für den (teilweisen) Verzicht auf Dünger gibt’s Geld, so die vereinfachte Formel. Auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln lässt sich auf diese Weise reduzieren. Nach anfänglicher Skepsis bei Landwirten und Verbänden laufe das Modell inzwischen sehr gut, so Otillinger.
Bis auf Höhe von Kleinaitingen (Landkreis Augsburg) reicht das erweiterte Schutzgebiet (etwa 15 mal drei Kilometer groß), weil der Grundwasserstrom parallel zum Lech läuft. Was südlich von Augsburg im Boden versickert, kommt früher oder später im Grundwasser dort an.