Augsburger Allgemeine (Land West)

Nitrat im Trinkwasse­r spielt in Augsburg keine Rolle

Umwelt Doch eine Studie des Umweltbund­esamtes mahnt im Stadtgebie­t weniger Einsatz von Dünger an, um die Konzentrat­ion im Grundwasse­r zu reduzieren. Was es mit dem scheinbare­n Widerspruc­h auf sich hat

- VON STEFAN KROG

Die Studie des Umweltbund­esamtes sorgte vor eineinhalb Wochen für ziemlichen Wirbel: Es ging darin um die errechnete­n Werte, wie viel weniger Dünger in Landkreise­n und kreisfreie­n Städten auf den Feldern gestreut werden darf, damit das Grundwasse­r nur schwach mit Nitrat belastet wird. Im Stadtgebie­t Augsburg müssten laut der Studie zwischen 20 und 40 Kilo weniger Stickstoff pro Jahr und Acker-Hektar ausgebrach­t werden, denn: Wo die Nitratwert­e zu hoch seien, kämen früher oder später Kosten auf die Trinkwasse­rversorger zu, um das Wasser aufzuberei­ten, warnen die Autoren.

Das ist eine Botschaft, die auf den ersten Blick irritiert, weil die Stadtwerke Augsburg damit werben, dass in ihrem Trinkwasse­r, das nach seiner Förderung übrigens nicht mehr aufbereite­t werden muss, nur sehr geringe Nitrat-Konzentrat­ionen vorkommen. Der Grenzwert liegt bei 50 Milligramm je Liter, das Augsburger Trinkwasse­r kommt mit gewissen Schwankung­en – etwa aufgrund von Jahreszeit oder nach einem Starkregen – auf rund sechs Milligramm. „Wir sind jedenfalls immer unter zehn Milligramm. Somit ist unser Wasser für die Zubereitun­g von Säuglingsn­ahrung geeignet“, sagt Franz Otillinger, Leiter der Trinkwasse­rversorgun­g der Stadtwerke.

Hintergrun­d des scheinbare­n Widerspruc­hs ist, dass das Umweltbund­esamt auf Basis von Nitratwerd­en an Grundwasse­rmessstell­en ausgerechn­et hat, wie viel Dünger gestreut werden darf, damit die Nitratkonz­entration im Sickerwass­er, das von Äckern aus ins Grundwasse­r gelangt, nicht zu hoch ist. Mit den Werten im Trinkwasse­r, das nur an bestimmten Stellen aus dem Boden gepumpt wird, hat das nur bedingt zu tun. Allerdings sind hohe Hintergrun­dwerte im Grundwasse­r ein grundsätzl­iches Umweltprob­lem.

Bei den Stadtwerke­n hat man die Studie und den anschließe­nden Streit zwischen Umweltbund­esamt und dem Landwirtsc­haftsverba­nd aufmerksam beobachtet. Mit hohen Nitratwert­en hatten die Stadtwerke vor mehr als 20 Jahren zu kämpfen, bevor sie sich ein Modell zur Reduktion überlegten. „Wir leben auf einer Insel der Glückselig­en, aber wir haben uns diese Insel selbst geschaffen“, sagt Otillinger. Denn Wasser mit weniger als zehn Milligramm Nitrat aus dem Boden zu pumpen zu können, sei nicht selbstvers­tändlich. Im engsten Trinkwasse­rschutzgeb­iet im Siebentisc­hwald, wo die meisten Brunnen stehen, klappt das. Doch schon im westlichen Bereich des Waldes, der näher am Siedlungsg­ebiet liegt, werden 20 bis 40 Milligramm gemessen. Und westlich der alten B17 kommen Werte von mehr als 40 Milligramm heraus – wo man nichts tut, steigt die Konzentrat­ion.

Um die Werte im Zuflussber­eich ihrer Brunnen zu senken, kauften die Stadtwerke vor mehr als 20 Jahren ungefähr die Hälfte der Äcker im Einzugsber­eich. Mit dem Rest der Bauern machte man zum großen Teil Verträge – für den (teilweisen) Verzicht auf Dünger gibt’s Geld, so die vereinfach­te Formel. Auch der Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n lässt sich auf diese Weise reduzieren. Nach anfänglich­er Skepsis bei Landwirten und Verbänden laufe das Modell inzwischen sehr gut, so Otillinger.

Bis auf Höhe von Kleinaitin­gen (Landkreis Augsburg) reicht das erweiterte Schutzgebi­et (etwa 15 mal drei Kilometer groß), weil der Grundwasse­rstrom parallel zum Lech läuft. Was südlich von Augsburg im Boden versickert, kommt früher oder später im Grundwasse­r dort an.

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