Augsburger Allgemeine (Land West)
Lieferdienst geht an die Börse
Aktien von Delivery Hero startet gut
Berlin
Als Andreas Hartl sich einloggt, dauert es keine 30 Sekunden, bis der erste Auftrag reinkommt. Mehrere Portionen Sushi von einem japanischen Restaurant, 1,6 Kilometer entfernt, in acht Minuten. Der 30-Jährige mit leuchtend pinkem Trikot, Helm und großem Rucksack wendet sein Rennrad und tritt in die Pedale. Er schafft die Strecke in sechs Minuten. Hartl ist in Berlin Auslieferfahrer für Foodora, einer Tochterfirma von Delivery Hero, die Essen bei Restaurants abholen und per Fahrrad zu Kunden nach Hause bringen lässt. Sie erhalten ihre Aufträge per App auf ihre Handys. Alle Foodora-Fahrer sind angestellt, die meisten als Minioder Midijobber, Hartl sogar in Vollzeit. Hartl mag seinen Job.
Doch nicht alle Fahrer sind zufrieden. Erst am Mittwoch hat die Gewerkschaft FAU gegen die Arbeitsbedingungen bei Foodora und Konkurrent Deliveroo demonstriert. Die Lieferdienste sollen die Kosten für Arbeitsmittel – Fahrräder und Handys – übernehmen.
Gestern in Frankfurt. Wieder versammelt sich eine Menschenmenge, wieder geht es um Delivery Hero. Dieses Mal wird der Essenslieferdienst jedoch nicht gefeiert. Der Börsengang steht an. Zu dem Zeitpunkt, als Chef Niklas Östberg die Börsenglocke läutet, wird sein Unternehmen mit mehr als vier Milliarden Euro bewertet. Die Aktie startet mit 25,50 Euro – und liegt damit deutlich über dem Ausgabewert. Zwischenzeitlich erreichte sie einen Höhepunkt von 27,70 Euro.
Für die Essenszusteller geht es um viel Geld: Einer McKinsey-Studie zufolge setzt die weltweite Branche derzeit mehr als 80 Milliarden Euro im Jahr um – Tendenz eindeutig steigend. Trotz des Booms hat Delivery Hero die Schwelle zur Profitabilität noch nicht überschritten. Zwar konnte der Bringdienst seinen Umsatz im vergangenen Jahr fast verdoppeln. Unterm Strich stand aber dennoch ein Minus von fast 200 Millionen Euro. Der Grund dafür ist vor allem der enorme Expansionshunger von Delivery Hero. Allein zwischen 2014 und 2016 hatte die Gruppe 30 verschiedene Tochtergesellschaften zugekauft.