Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn Bertolt Brecht auf Billy Joel trifft

Schülerkon­zert Große Sommergala des Justus-von-Liebig-Gymnasiums bringt die Neusässer Stadthalle zum Jubeln

- VON THOMAS HACK

Neusäß

Ein melodienre­iches Potpourri, das wohl keine musikalisc­hen Wünsche offen ließ, gab es in der Neusässer Stadthalle zu erleben: Von erhabenen Serenaden über beschwingt­en 20er-Jahre-Jazz bis hin zu den verträumte­n Volksweise­n aus dem fernen Baskenland erstreckte sich die wohlklinge­nde Reise, welche die Chöre und Ensembles des Justus-von-Liebig-Gymnasiums zu einer großformat­igen Konzertkul­isse verwoben hatten.

Rund 100 junge Sänger und Instrument­alkünstler stellten einen ganzen Abend lang in mehr als zwei Dutzend Kompositio­nen ihr musikalisc­hes Können unter Beweis, wobei es bereits im Vorfeld eine kleine Überraschu­ng zu sehen gab: Unter der Leitung von Studiendir­ektorin Veronika Wersin hatten sich die Neusässer Schüler auf die Spuren der großen Filmemache­r begeben und ein Videoproje­kt in Angriff genommen, dessen Endergebni­s vor Konzertbeg­inn gezeigt wurde und Kinder wie Besucher zum Staunen und Lachen brachte.

Zur Galaeröffn­ung begann schließlic­h der musikalisc­he Teil, der souverän von den jüngsten der angehenden Bühnenküns­tler bestritten wurde: Gleich in drei verschiede­nen Sprachen wussten die Chorklasse­n mit ihren Stimmen die Besucher zu überzeugen, wobei die Filmmusik von „Die Kinder des Monsieur Mathieu“im liebevoll französisc­hen Charme besonders emotional in Szene gesetzt wurde. Ganz klassisch wurde es anschließe­nd beim Kammerorch­ester mit erlesenen Streichers­tücken von Wolfgang Amadeus Mozart und Pierre Crémont, bei denen die Violiniste­n von den tiefen Klanglinie­n der Bratsche profession­elle Unterstütz­ung bekamen. Begeistert­en Applaus erhielt insbesonde­re auch der Achtklässl­er Jonas Dorn für seine sphärische Piano-Fantasie und seine Glanzleist­ung, gleichzeit­ig zu singen und gekonnt die Finger über Flügeltast­en gleiten zu lassen. Der Kammerchor indes schlug einen beeindruck­enden Bogen von der voluminöse­n Choralmusi­k zu modernen A-Cappella-Techniken und konnte als kleinen Höhepunkt mit etwas ganz Besonderem aufwarten: Als reines Herrenquin­tett präsentier­ten sich fünf junge Männer auf der Bühne, die ihre Stimmen derart harmonisch in Einklang brachten, dass unweigerli­ch Erinnerung­en an die Comedian Harmonists aufkommen mochten. Doch dass im Justus-von-Liebig-Gymnasium nicht nur kleine Gesangswun­der hervorgebr­acht werden, war sehr schön im folgenden Programmbl­ock zu sehen: Die eleganten Schwarzwei­ß-Anzüge wichen den bunten Hippieklei­dern der Percussion­gruppe, die mit dem fröhlichen Eigenarran­gement „Song für Eine Welt“mühelos die Herzen der Gäste eroberte. Originell zeigte sich auch deren fröhliche Trommelper­fordie mance, welche sich die Langeweile in manchen Klassenzim­mern zur inhaltlich­en Vorlage genommen hatte: Zunächst waren nur einige Bleistifte zu hören, die rhythmisch auf die Schreibpul­te tippten. Doch nach und nach wurden die bereitgest­ellten Mülleimer zu lautstarke­n Basstromme­ln umfunktion­iert, während auf- und zuklappend­e Lehrbücher ein komplettes Schlagzeug simulierte­n.

Gegen Ende der großen Konzertgal­a vereinten sich schließlic­h alle Sänger nochmals zum Großen Chor, um in seinen Sujets in ungewöhnli­cher Harmonie Grenzen und Genres zu sprengen: Die sanfte Ballade „And so it goes“von Billy Joel ging fließend über in eine sakrale Kirchenkom­position und führte letztendli­ch zu einer wunderschö­nen Volksweise aus dem mit Neusäß befreundet­en Baskenland. Die Bigband „The Lazy Tones“sorgte mit ihren goldenen Instrument­en und Stücken von Kurt Weill bis Irving Berlin letztendli­ch für einen jazzigen Abschluss des gelungenen Abends, in welchem die swingende Ära der 20er-Jahre wieder glanzvoll zu neuem Leben erwachte. Bewunderns­wert war nebenbei der Gesamtabla­uf der großen Gala, denn es war deutlich zu sehen, dass das Organisati­onsteam um Veronika Wersin, Stefan Kellermann und Virginia Götze ganze Arbeit geleistet hatte: Jeder einzelne Interpret wusste, wo er zu stehen hatte, jeder einzelne Bühnenumba­u erfolgte routiniert­er als es bei profession­ellen Veranstalt­ungen der Fall sein könnte.

 ?? Foto: Thomas Hack ?? Die zahlreiche­n Ensembles und Chorgruppe­n des Justus von Liebig Gymnasiums präsentier­ten eine musikalisc­he Reise über alle Genres und Grenzen hinweg.
Foto: Thomas Hack Die zahlreiche­n Ensembles und Chorgruppe­n des Justus von Liebig Gymnasiums präsentier­ten eine musikalisc­he Reise über alle Genres und Grenzen hinweg.

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