Augsburger Allgemeine (Land West)
Zeitenwende im Vatikan
Die vatikanische Glaubenskongregation ist die Nachfolgebehörde der Inquisition. Die Verfolgung von Irrlehren zählte bislang zur Kernkompetenz dieser lange Zeit bedeutendsten Behörde des Papstes. Zuletzt wurde sie vom deutschen Kardinal Gerhard Ludwig Müller geleitet. Heute beginnt eine neue Zeitrechnung.
Mit dem Ende von Müllers Amtszeit endet auch eine Ära von Glaubenswächtern, die im Namen des Papstes endgültig darüber entschieden, was katholisch ist. Kardinal Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., prägte über 24 Jahre hinweg als Präfekt der Glaubenskongregation den autoritären Stil der Behörde. Sein Vertrauter Müller versuchte unter großen Mühen dieses Schwarz-WeißDenken in das dogmatisch vielschichtige Franziskus-Zeitalter zu retten. Mit der Nominierung des Jesuiten Luis Francisco Ladaria Ferrer ändert Franziskus den Kurs.
Der Spanier hat sich einen Ruf als zurückhaltender Vermittler gemacht. Das konnte man von Ratzinger und Müller nicht behaupten. Die katholische Doktrin wird künftig nicht mehr als moralisches Fallbeil daherkommen, sondern als eine Größe unter vielen.