Augsburger Allgemeine (Land West)
Was dieses Paar nächsten März vorhat
Ehe für alle Horst Fritze und Björn Eberle planen ihre Hochzeit. Hektik in den Standesämtern gibt es aber noch nicht
Landkreis Augsburg Plötzlich ging es ganz schnell: Die „Ehe für alle“wurde vom Bundestag am Freitag beschlossen. Und sollte das Gesetz tatsächlich umgesetzt werden, möchten Horst Fritze und sein Partner Björn Eberle im kommenden März heiraten, immerhin leben die beiden Wörleschwanger seit zehn Jahren zusammen. „Die Entscheidung war überfällig“, so Fritze, der dort den Kulturstadl betreibt. So sehen das auch die homosexuellen Nachbarn des Paares, die ebenfalls schon über eine Hochzeit nachdenken, berichtet er.
Christian Toth, FDP-Stadtrat in Königsbrunn, hat sich über die Entscheidung gefreut, eine Flasche Sekt habe er deshalb aber nicht aufgemacht: „Natürlich haben mein Partner und ich schon einmal darüber nachgedacht zu heiraten. Aber ich weiß ehrlich gesagt nicht, was die Entscheidung außer dem Namen konkret geändert hat.“
Überrascht haben ihn zwei Dinge bei dem Verfahren. Zum einen, dass es nun so schnell durchgepeitscht wurde. Zum anderen, dass diesmal die CSU von einem Koalitionspartner über den Tisch gezogen wurde: „In früheren Jahren war das meist andersherum.“Guter politischer Stil sei die Aktion der SPD allerdings auch nicht. Ebenso wenig wie die Überlegung von Innenminister Thomas de Maizière, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen: „Man sollte auch dazu stehen, dass man verloren hat.“
Kommt nun auf die Standesämter im Landkreis Augsburg viel Arbeit zu? Die Mitarbeiter bleiben gelassen. ● Gersthofen „Wir warten erst einmal ab, bis wir wissen, was das entsprechende Gesetz besagt“, sagt Gersthofens Rathaussprecherin Ann-Christin Joder. Bis diese neuen Regelungen die Standesämter erreichten, werde es bestimmt Herbst oder gar Winter werden, vermutet sie.
In den vergangenen Jahren wurden im Gersthofer Standesamt jährlich zwei bis drei Lebenspartner- schaften geschlossen. Bürgermeister Michael Wörle und sein Stellvertreter Reinhold Dempf dürfen beide Trauungen schließen. „Paare verpartnert haben sie aber noch keine – was allerdings allein an terminlichen Gründen lag“, betont Ann-Christin Joder. Nachfragen nach „Homoehen“sind im Gersthofer Rathaus bis gestern noch keine eingegangen. ● Neusäß „Der Begriff lautet richtig ,Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft‘ “, sagt Claudia Diehl vom Standesamt Neusäß. Die ersten Lebenspartnerschaften wurden 2009 in Neusäß begründet, insgesamt waren es bis heute 20. Am meisten Paare verpartnerten sich in den Jahren 2014 (vier) und 2015 (fünf). Bisher gab’s eine Anfrage nach einer Eheschließung. „Diese war aber schon vor dem Gesetzesbeschluss.“Bisher nur ein männliches Paar, das im Jahr 2015 eine eingetragene Lebenspartnerschaft begrün- dete, möchte, sobald die gesetzlichen Regelungen vorliegen, die Lebenspartnerschaft in eine Ehe „umwandeln“lassen.
„Momentan rechne ich nicht mit einer größeren Anzahl an Anmeldungen für gleichgeschlechtliche Eheschließeungen und gehe davon aus, dass unser Standesamtspersonal hierfür ausreichend ist“, sagt Claudia Diehl. „Ich denke, die Paare warten die weiteren gesetzlichen Regelungen ab.“Bisher habe der Neusässer Bürgermeister Richard Greiner noch keine eingetragenen Lebenspartnerschaften begründet. ● Meitingen Geringes Interesse an Verpartnerungen verzeichnete bisher Elisabeth Linder, Standesbeamtin in Meitingen. „Es gab lediglich eine im Jahr 2009, gleich als dies gesetzlich möglich gemacht wurde.“Damals durften nur Standesbeamte die Verpartnerungen begründen. Bisher liegt keine Nachfrage nach einer „Homoehe“vor. ● Zusmarshausen Auch hier hat sich noch niemand gemeldet, der die neue Regelung nutzen will. Standesbeamtin Christine Egner zufolge wurde, noch bevor die Standesämter das durften, eine Lebenspartnerschaft notariell eingetragen, standesamtlich kamen seither zwei Verpartnerungen dazu. „Außerdem sind verpartnerte Paare zugezogen“, sagt Christine Egner. „Ich rechne nicht, dass nun ein Mordsrun auf das Standesamt stattfinden wird.“
Den Weg frei gemacht für die Abstimmung im Bundestag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel, nachdem sie, wie sie in einem Interview sagte, gleichgeschlechtliche Pflegeeltern besucht hatte. Solch ein Paar gibt es auch im Landkreis Augsburg, so die Leiterin des Amtes für Jugend und Familie, Christine Hagen. Eine grundsätzliche Entscheidung sei das nicht gewesen, sagt sie. „In solchen Kategorien denken wir nicht.“Ausschlaggebend für das Jugendamt sei allein, was die Kinder brauchen und wo sie sich wohlfühlen. „Pflegeeltern müssen gewisse Bedingungen erfüllen, wir schauen nur auf das Wohl der Kinder. Nicht alle sind geeignet. Das gilt aber generell für alle Paare“, erklärt sie.
Noch keine Anfragen gibt es beim Jugendamt von gleichgeschlechtlichen Paaren auf eine Adoption, das werde aber sicher kommen, vermutet Christine Hagen. Da Adoptionen aber ohnehin sehr selten seien, würden das sicher Einzelfälle bleiben.