Augsburger Allgemeine (Land West)

Zen Priester verführte Jugendlich­e

Missbrauch­ter Schüler berichtet über Genpo D.

- VON HOLGER SABINSKY WOLF

Augsburg Vinzenz* war 14 und auf der Suche. Wonach, wusste er nicht. „Ich war orientieru­ngslos“, sagt der 34-Jährige heute. Sein leiblicher Vater interessie­rte sich nicht für ihn. Der Junge suchte schon früh Halt im Leben. Er traf auf den Buddhismus. Aber er traf auch auf den hohen ZenPrieste­r Genpo D. aus Dinkelsche­rben (Landkreis Augsburg). Und der verführte den Minderjähr­igen nach und nach gegen dessen Willen zu einer sexuellen Beziehung.

Vinzenz war nicht der Einzige, das belegen Zeugenauss­agen im Prozess gegen D., der 62-Jährige soll sieben Buben missbrauch­t haben. In einigen Fällen hat der Vize-Präsident des Buddhisten-Weltverban­des WFB gezielt seine Stellung als Zen-Meister ausgenutzt, um sexuelle Neigungen an den Schülern auszuleben. Vinzenz war einer von ihnen. Er berichtet am Dienstagvo­rmittag, wie subtil Genpo D. vorgegange­n ist: Mit viel Verständni­s für die Jugendlich­en, aber auch einer klaren Gehorsams-Beziehung zwischen Meister und Schüler gelang es dem Angeklagte­n, die verwirrten Teenager in die Bredouille zu bringen. „Das fing klein an und wurde immer mehr“, sagt Vinzenz.

Irgendwann machte Genpo D. seinem Schüler bei einer Atemübung im Dinkelsche­rbener Tempel die Hose auf und berührte sein Glied. Später gestand er dem Heranwachs­enden, dass er in ihn verliebt sei und am liebsten mit ihm „nach Burma abhauen würde“. Vinzenz verstand die Welt nicht mehr. „Besonders gemein war, dass er mir aufoktroyi­ert hat, dass ich schwul bin – obwohl ich sexuell noch gar nicht orientiert war“, sagt Vinzenz heute.

Er ließ alles geschehen, auch als Genpo D. ihn zum gemeinsame­n Duschen auffordert­e. Denn der ZenMeister lockte ihn mit einem „Koan“, einem spirituell­en Rätsel, das man nur erhält, wenn man auf seinem Zen-Weg vorangekom­men ist. Doch irgendwann wurde es dem jungen Mann zu viel. In Gesprächen betonte er immer wieder, dass er das nicht will. Genpo D. wandte sich einem anderen Schüler zu. Als Vinzenz in einem Brief von „sexueller Nötigung“schreibt, erhält er einen Entschuldi­gungsbrief vom Zen-Meister. Heute ist Vinzenz Sozialpäda­goge. Er ist in Therapie. Und er sagt mit fester Stimme: „Ich bin hetero.“

Der Prozess gegen Genpo D. geht am Freitag weiter. Das Urteil soll am Dienstag fallen. *Name geändert

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