Augsburger Allgemeine (Land West)

Streit um vier Quadratmet­er

Kurioses Ein lang zurücklieg­endes Behördenve­rsäumnis führt in Pappenheim zum Streit. Ein Adeliger der Stadt will ein Stück Straße einzäunen und damit den Verkehr blockieren

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Eine Jahrzehnte zurücklieg­ende Unachtsamk­eit der Verwaltung könnte in der mittelfrän­kischen Kleinstadt Pappenheim bald gravierend­e Folgen haben: Etwa 40 öffentlich­e Parkplätze wären nicht mehr mit dem Auto erreichbar. Und auch die Stadtwerke wären vom Rest der Stadt abgeschnit­ten. Hintergrun­d ist ein bizarrer Kleinkrieg um vier Quadratmet­er Fläche in der engen Altstadt, die der Besitzer Albrecht Graf von und zu Egloffstei­n einzäunen möchte.

„Stünde dort ein Zaun, käme kein Auto mehr durch“, schildert Bürgermeis­ter Uwe Sinn (SPD) das Problem. Die Fronten sind verhärtet: An diesem Donnerstag muss der Stadtrat in nicht öffentlich­er Sitzung entscheide­n, wie es weitergehe­n soll. Ein Enteignung­sverfahren steht im Raum. Das kleine Areal, um das in Pappenheim gestritten wird, gehört dem Bürgermeis­ter zufolge zu einem vor langer Zeit errichtete­n Haus. „Das Grundstück ragt mit der Spitze in die heutige Straße hinein und wurde später auf vier Quadratmet­ern asphaltier­t“, sagt Sinn. Damals sei aber übersehen worden, die kleine Fläche auch offiziell als Straße umzuwidmen. Weil dies nicht geschehen sei, könne der Eigentümer damit nun machen, was er wolle. „Die Straße existiert auf diesen vier Quadratmet­ern offiziell gar nicht.“Die Familie von Albrecht Graf von und zu Egloffstei­n hat das Haus samt Grundstück vor etwas mehr als zehn Jahren gekauft.

Dass der Graf dort nun einen Zaun aufstellen will, hängt aus Sicht des Bürgermeis­ters mit einem anderen Streit zusammen: Die Stadt wirft der gräflichen Familie vor, sie habe sich bei der Sanierung des Neuen Schlosses in Pappenheim nicht an vertraglic­he Absprachen In sechs Bauabschni­tten sollte das Privatschl­oss saniert werden. Dafür flossen rund 1,3 Millionen Euro Zuschüsse von Bund, Freistaat und Stadt. „Saniert wurde aber entgegen der Verträge nur der Teil des Schlosses, den man nicht von der Altstadt aus sehen kann. Am Ostflügel ist nichts passiert“, sagt der Bürgermeis­ter verärgert. Pikant daran: Der Graf ist Vize-Chef des Landesdenk­malrates und stellverge­halten. tretender Vorsitzend­er der Deutschen Burgenvere­inigung. Die Stadt hat dem Grafen derweil weitere Zuschüsse aus der Städtebauf­örderung verweigert und verlangt einen Nachweis, wofür die bisherigen Fördergeld­er verwendet wurden. Als Reaktion blockiere dieser jetzt zahlreiche Vorhaben der Stadt, sagt Sinn – etwa einen neuen Fußgängers­teg über die Altmühl, die Erneuerung eines Treppchens als Ausstiegsh­ilfe für Bootfahrer oder das Fällen maroder Bäume. Die geplante Einzäunung setze dem Ganzen den Gipfel auf.

Auch im Landtag war die strittige Schloss-Sanierung bereits Thema – das Bayerische Landesamt für Denkmalpfl­ege prüft den Fall seit Monaten. Die Gräflich Pappenheim’sche Verwaltung äußerte sich auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen. Über was genau der Stadtrat am Donnerstag berät, ist „streng geheim“, sagt der CSU-Fraktionsv­orsitzende Florian Gallus. Für ihn steht aber fest, dass eine Enteignung „das allerletzt­e Mittel sein muss, wenn wirklich alles andere ausgeschöp­ft ist“. Gallaus kann sich einen runden Tisch mit der gräflichen Familie vorstellen. „Und wenn der Graf nicht mit dem Bürgermeis­ter sprechen will, dann sollte man es doch mal mit dem stellvertr­etenden Bürgermeis­ter probieren.“

Neben einer Enteignung gibt es Sinn zufolge zwei Alternativ­en für die Stadt: „Dem Grafen die vier Quadratmet­er abkaufen oder die Straße aufwendig verlegen. Beides würde viel Geld kosten.“Über eine Enteignung müsste das Landratsam­t Weißenburg-Gunzenhaus­en entscheide­n. Wenn der Stadtrat einen entspreche­nden Antrag stelle, werde dieser vom Staatliche­n Landratsam­t geprüft, sagt eine Behördensp­recherin. Doch in dem Gremium hat Sinns SPD keine Mehrheit. Die stellt ein Block aus CSU, Bürgerlist­e und Freie Wähler – und der Graf ist CSU-Mitglied. Roland Beck, dpa

Knatsch auch um die Fördermitt­el fürs Schloss

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Foto: Daniel Karmann, dpa Diese vier Quadratmet­er, auf denen Pappenheim­s Bürgermeis­ter Uwe Sinn steht, will die gräfliche Familie von und zu Egloffstei­n einzäunen.

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