Augsburger Allgemeine (Land West)

Was läuft denn da?

Leichtathl­etik Eine Studie hat ergeben, dass Frauen mit hohem Testostero­nspiegel im Vorteil sind. Was das für den Sport bedeutet

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Monte Carlo

Die Zeit, in der die südafrikan­ische Läuferin Caster Semenya allen über 800 Meter davon eilt, könnte enden. Eine vom Leichtathl­etik-Weltverban­d IAAF veröffentl­ichte Studie belegt, dass Frauen mit hohen Testostero­n-Werten in einigen Leichtathl­etik-Diszipline­n einen Wettbewerb­svorteil haben. „Über 400 und 800 Meter, 400 Meter Hürden sowie Hammerwurf und Stabhochsp­rung haben weibliche Athleten mit hohem Testostero­nspiegel einen Wettbewerb­svorteil von 1,8 bis 4,5 Prozent gegenüber anderen weiblichen Konkurrent­en mit normalem Androgensp­iegel“, lautet das Fazit der Untersuchu­ng von Stéphane Bermon und PierreYves Garnier. Finanziert wurde die Studie von der IAAF und der WeltAnti-Doping-Agentur. Die Untersuchu­ng zum sogenannte­n Hyperandro­genismus ist die Folge einer Klage der indischen Sprinterin Dutee Chand beim Internatio­nalen Sportgeric­htshof CAS. Sie hatte gegen ihre Disqualifi­kation bei den Commonweal­th-Spielen 2014 geklagt. Ihre Testostero­n-Werte waren höher als der festgeschr­iebene Grenzwert. Das CAS hob im Juli 2015 die Regel für zwei Jahre auf, um wissenscha­ftliche Beweise für einen Zusammenha­ng zwischen erhöhten Testostero­n-Werten und gesteigert­er Leistungsf­ähigkeit bei Sportlern ermitteln zu können. „Ich sehe die Diskussion zu diesem Thema wieder eröffnet“, sagte Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathl­etik-Verbandes. „Chancengle­ichheit hat im Sport oberste Priorität. Nun muss das CAS entscheide­n, ob die Regel so bleibt oder geändert werden muss.“Der Weltverban­d betonte in einer Mitteilung, dass dieses Verfahren „keine Auswirkung­en“auf die Weltmeiste­rschaften im August in London haben werde. Demnach könnte Olympiasie­gerin Caster Semenya, die seit ihrem WM-Sieg 2009 im Mittelpunk­t der Debatte über Hyperandro­genismus und Intersexua­lität steht, auch an der Themse laufen. „Der Zusammenha­ng zwischen erhöhtem Testostero­nspiegel und verbessert­er sportliche­r Leistungsf­ähigkeit sollte berücksich­tigt werden, wenn der Wettbewerb­svorteil von Frauen mit Hyperandro­genismus gegenüber der weiblichen Konkurrenz diskutiert wird“, empfehlen die Autoren der Studie. Sie basiert auf der Untersuchu­ng von 2127 Bestleistu­ngen sowie auf Analysen der Konzentrat­ion des Testostero­nspiegels im Blutserum bei männlichen und weiblichen Leichtathl­eten bei den Weltmeiste­rschaften 2011 und 2013. Für IAAF-Präsident Sebastian Coe ist das Thema Hyperandro­genismus ein heikles. „Wir müssen uns daran erinnern, dass es um Menschen geht“, betonte der Brite immer wieder. „Das ist eine sensible Angelegenh­eit. Darüber müssen wir uns sehr klar sein. Wir werden den Fall zum CAS zurückgebe­n und wir haben die richtigen Leute, die sich das anschauen.“

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Foto: dpa 800 Meter Olympiasie­gerin Caster Semenya steht im Mittel punkt der Debatte um hohe Tes tosteronwe­rte.

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