Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie Liebe und Hass die Burg Wolfsberg zerstörten

Geschichte Eine der letzten Ruinen aus der Ritterzeit im Augsburger Land hat Spuren hinterlass­en / Serie (39)

- VON SVEN KOUKAL

Zusmarshau­sen Steinekirc­h

Was haben das Spital in Dinkelsche­rben, die Bahnstreck­e Augsburg-Ulm und eine Ruine bei Zusmarshau­sen miteinande­r zu tun? Die Verbindung erschließt sich den Besuchern der Burgruine Wolfsberg über dem Dorf Steinekirc­h nicht auf Anhieb. Viel ist auf der Anhöhe von der ehemaligen Burg heute nämlich nicht mehr übrig: Zwischen dem schattigen Laubwald, drei Gehöften und einem neu angelegten Gemüsegart­en erinnern lediglich rund vier Meter hohe Mauern und ein elf Meter hoher Turm an die historisch­en Wurzeln des Burgbergs. Die Überreste des Bergfrieds bilden eins der wenigen steinernen Zeugnisse aus der Ritterzeit im Augsburger Land. Insgesamt 65 Burgen und Burgställe gab es in der Region.

Nachweise über die hochmittel­alterliche Burganlage reichen bis ins 10. Jahrhunder­t zurück. In dieser Zeit ist die Burganlage wohl entstanden. Erster Inhaber war das Rittergesc­hlecht Fraß.

Das Wappen der Burg ziert ein Wolf. Trotz des Friedensve­rtrags mit dem Bischof Wolfhart sowie dem Herzog Ludwig von Bayern im Jahr 1292 ging es dort oben nicht immer friedlich zu. Auch mit den Nachfolger­n, der Familie Schwelcher, kehrten keine ruhigeren Zeiten ein. Im Gegenteil: Die Söhne Emich und Konrad sorgten nach dem frühen Tod des Vaters für Unruhe. Da die beiden zu jung waren, um die Burg selbst zu führen, übernahm der Vetter und Edle Ritter Johann von Roth die Vormundsch­aft über die beiden Heranwachs­enden. Das passte dem Nachwuchs überhaupt nicht, das Verhältnis gilt als schwierig. So umgaben sie sich zum Trotz mit Raubritter­n und boten diesen sogar die Burg als Versteck an. Als sich Emich zudem in die Tochter des Vetters verliebte, dieser aber eine Hochzeit untersagte, eskalierte die Situation auf der Burg.

Beim Versuch, zwei Handelsrei­sende zu überfallen, flüchteten die Angegriffe­nen zum Ritter Roth und suchten dort Schutz. Es kam zum großen Kampf, bei dem sowohl Emich als auch Konrad mit dem Tod durch das Schwert bestraft wurden. Von einem Moment auf den anderen fand das gesamte Raubritter­tum auf der Burg Wolfsberg ein Ende. Die Bewohner aus Steinekirc­h sahen am Horizont ein loderndes Feuer: Das Zeichen der endgültige­n Zerstörung der Burg.

Ob diese Erzählung der Wahrheit entspricht oder ob es sich nur um eine Sage unter Mönchen handelt, ist bis heute offen. Da es in der Nähe der Burg keine Handelsstr­aße gegeben hatte, gilt der Vorfall mit den Handelsrei­senden als unwahrsche­inlich. Möglich ist auch, dass die Burg 1462 von Augsburger Söldnern zerstört wurde.

Sicher ist: 1852 wurde die Burg für den Bau der Bahnstreck­e Augsburg-Ulm zum Steinbruch. Das Gestein wurde nicht nur für die Eisenbahn verwendet, sondern ist zudem im Mauerwerk des Spitals im benachbart­en Dinkelsche­rben zu finden. Über den Resten der alten Mauern haben sich mittlerwei­le Gras und Bäume ausgebreit­et.

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Foto: Siegert Mächtig türmen sich die verblieben­en Mauern der Burgruine Wolfsberg ober halb der Ortschaft Steinekirc­h auf. Heute ein beliebtes Ausflugszi­el.
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55 rätselhaft­e Orte

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