Augsburger Allgemeine (Land West)
Ausbeutung anderer
Zu „Welche Chancen Afrika bietet“(Poli tik) vom 4. Juli: Es ist richtig, alles daranzusetzen, die Lebensbedingungen der Menschen südlich der Sahara zu verbessern, damit diese eine Perspektive haben, in ihrer Heimat zu bleiben. Allerdings halte ich es für naiv zu glauben, jahrzehntelange Versäumnisse ließen sich innerhalb weniger Jahre revidieren. Im Rahmen einer von vielen Seiten als alternativlos betrachteten Globalisierung gibt es außerdem nicht nur Gewinner, sondern auch eine Vielzahl von Verlierern. Der Überfluss in den Industrieländern raubt anderen die Lebensgrundlagen. Unser kapitalistisches Wirtschaftsmodell basiert auf der Ausbeutung anderer. Wir leben, so der Soziologe Stephan Lessenich, „über die Verhältnisse anderer“. In Bangladesch fertigen Näherinnen unter erbärmlichen Umständen unsere Kleidung. In der Elfenbeinküste schuften Kinder für einen US-Dollar pro Tag in Kakaound Kaffeeplantagen. Auch in den Coltanminen des Kongo arbeiten sehr, sehr viele Kinder – den Reibach machen die Hersteller von Smartphones. Uns geht es deshalb gut, weil es anderen schlecht geht, so die bittere Erkenntnis.
Wolfram Wegele, Möttingen