Augsburger Allgemeine (Land West)
Scholls doppelter Fehltritt
Mehmet Scholl ist als FußballExperte in der ARD in aller Regel eine Bereicherung. Für die Arbeit zur WM 2014 haben er und das Team des öffentlichen-rechtlichen Senders den Deutschen Fernsehpreis erhalten. Dass er sich nun weigerte, bei dem Sender über Doping im Fußball zu sprechen und stattdessen kurzfristig das TVStudio verließ, ist aber gleich ein doppelter Fehltritt gewesen.
Den ersten muss Scholl mit seinem Arbeitgeber, der ARD, klären. Dass der Sender den Vorwurf thematisierte, die russische Mannschaft sei bei der WM 2014 komplett gedopt gewesen, fand Scholl langweilig. Diese Meinung kann er haben – zu seinen Pflichten als Arbeitnehmer gehört es aber, trotzdem darüber zu reden. Stattdessen einfach zu gehen, wäre bei den meisten Arbeitsverhältnissen ein Grund für das Ende der Zusammenarbeit.
Aus öffentlicher Sicht ist jedoch ein anderer Aspekt von Scholls Verhalten weit schwerwiegender: Immer wieder gibt es im ProfiFußball Tendenzen dazu, Doping zu verharmlosen, nach dem Motto: Das bringt doch kaum etwas.
Das mag – wenn man sich das Vorrunden-Aus der Russen 2014 ansieht – mitunter so sein. Dennoch: Wer sich einen unerlaubten Vorteil verschafft, hat sein Recht verwirkt, weiter mitspielen zu dürfen. Vor allem dann, wenn es wie in diesem Fall den Verdacht des organisierten Staatsdopings gibt. Darüber muss man reden. Zur Not eben ohne Mehmet Scholl.