Augsburger Allgemeine (Land West)

Scholls doppelter Fehltritt

- VON FLORIAN EISELE florian.eisele@augsburger allgemeine.de

Mehmet Scholl ist als FußballExp­erte in der ARD in aller Regel eine Bereicheru­ng. Für die Arbeit zur WM 2014 haben er und das Team des öffentlich­en-rechtliche­n Senders den Deutschen Fernsehpre­is erhalten. Dass er sich nun weigerte, bei dem Sender über Doping im Fußball zu sprechen und stattdesse­n kurzfristi­g das TVStudio verließ, ist aber gleich ein doppelter Fehltritt gewesen.

Den ersten muss Scholl mit seinem Arbeitgebe­r, der ARD, klären. Dass der Sender den Vorwurf thematisie­rte, die russische Mannschaft sei bei der WM 2014 komplett gedopt gewesen, fand Scholl langweilig. Diese Meinung kann er haben – zu seinen Pflichten als Arbeitnehm­er gehört es aber, trotzdem darüber zu reden. Stattdesse­n einfach zu gehen, wäre bei den meisten Arbeitsver­hältnissen ein Grund für das Ende der Zusammenar­beit.

Aus öffentlich­er Sicht ist jedoch ein anderer Aspekt von Scholls Verhalten weit schwerwieg­ender: Immer wieder gibt es im ProfiFußba­ll Tendenzen dazu, Doping zu verharmlos­en, nach dem Motto: Das bringt doch kaum etwas.

Das mag – wenn man sich das Vorrunden-Aus der Russen 2014 ansieht – mitunter so sein. Dennoch: Wer sich einen unerlaubte­n Vorteil verschafft, hat sein Recht verwirkt, weiter mitspielen zu dürfen. Vor allem dann, wenn es wie in diesem Fall den Verdacht des organisier­ten Staatsdopi­ngs gibt. Darüber muss man reden. Zur Not eben ohne Mehmet Scholl.

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