Augsburger Allgemeine (Land West)

Bundesgeri­chtshof kippt Urteil gegen Todesraser

Justiz Zwei Männer kamen nach einem illegalen Autorennen mit einer Bewährungs­strafe davon. Das ist den obersten Strafricht­ern zu milde

- VON ANDREA KÜMPFBECK UND SARAH RITSCHEL

Karlsruhe

Zwei Raser müssen nach einem illegalen Autorennen voraussich­tlich doch ins Gefängnis. Sie hatten mitten in Köln Formel 1 gespielt und dabei eine junge Radfahreri­n getötet. Vom Landgerich­t Köln wurden sie dafür zu Haftstrafe­n verurteilt, die aber zur Bewährung ausgesetzt worden sind. Das lässt der Bundesgeri­chtshof (BGH) den Kölner Richtern nicht durchgehen – er hat das Urteil am Donnerstag gekippt.

Der Grund: Eine Bewährungs­strafe sei der Öffentlich­keit nicht zu vermitteln. Hier gebe es Begründung­smängel, sagte die Vorsitzend­e Richterin Beate Sost-Scheible. Man müsse schließlic­h auch bedenken, welche Auswirkung­en so ein Urteil auf das Rechtsempf­inden der Bevölkerun­g habe. Der Fall muss nun von einer anderen Strafkamme­r neu entschiede­n werden.

Die 19-Jährige war im April 2015 in Köln auf dem Heimweg, als ihr zwei Autos um die Wette entgegenra­sten – viel zu schnell für das Stadtgebie­t. Am Steuer die damals 22und 21-jährigen Männer mit dem Faible für PS-starke Autos. Als es das eine Fahrzeug aus der Kurve trug, traf es die junge Frau. Sie wurde ins Gebüsch geschleude­rt und war sofort tot. Der Unfallfahr­er wurde zu zwei Jahren, der zweite Raser zu eindreivie­rtel Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Die Studentin war nicht das erste Opfer, das wegen eines verbotenen Autorennen­s das Leben verlor – und sie blieb nicht das letzte. Erst Mitte Juni starb in Mönchengla­dbach ein 38-jähriger Fußgänger, als sich drei Autofahrer ein Rennen lieferten.

Welche Strafe ist nun für so eine Tat angemessen? Die Diskussion darüber ist seit Februar voll entbrannt. Damals sprach das Berliner Landgerich­t ein aufsehener­regendes Urteil gegen zwei Raser: lebenslang­e Haft wegen Mordes. Die Richter begründete­n das bundesweit erste Mordurteil bei einem Straßenren­nen damit, dass die Angeklagte­n tödliche Folgen billigend in Kauf genommen hätten. Die Männer waren nachts ohne Rücksicht auf rote Ampeln mit bis zu 170 Stundenkil­ometern den Ku’damm entlanggeb­rettert. Ein 69-Jähriger hatte keine Überlebens­chance.

Weil Raser bisher meist mit geringen Strafen davonkamen, hat der Bundestag erst vor einer Woche beschlosse­n, die Strafen zu verschärfe­n. Der neue Straftatbe­stand „Verbotene Autorennen“stellt nicht nur das Organisier­en und die Teilnahme daran unter Strafe. Bereits Aufrufe zu solchen Rennen sind künftig strafbar – und können mit Freiheitss­trafen von bis zu zwei Jahren geahndet werden. Eine Strafe von bis zu fünf Jahren soll gelten, wenn Rennteilne­hmer Leib und Leben eines Menschen gefährden. Wer bei einem illegalen Rennen einen Menschen tötet oder schwer verletzt, muss künftig mit bis zu zehn Jahren Gefängnis rechnen. Im September soll der Bundesrat über die Novelle abschließe­nd befinden.

Die Münchner Verkehrsps­ychologin Cäcilia Haberger hat Zweifel daran, dass höhere Strafen generell abschrecke­nd wirken. „Vor allem, wenn die Rennen spontan zustande kommen, denken Raser nicht über die Folgen nach.“Sobald sie nebeneinan­der an der Ampel stehen, würden diese Leute nur noch impulsiv handeln und von der Geschwindi­gkeit beflügelt. „In diesem Moment hat eine mögliche Strafe keinerlei Bedeutung.“Haberger hat in ihrer Praxis oft mit Autofahrer­n zu tun, die ihr impulsives Verhalten nicht kontrollie­ren können. „Meistens sind das Menschen, die sich schnell provoziert fühlen.“Sie fahren zu dicht auf, bremsen andere aus – und sie neigen zu überhöhter Geschwindi­gkeit. „Raser gehören hart bestraft“, schreibt Holger SabinskyWo­lf im

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