Augsburger Allgemeine (Land West)

Panne bei den Zeugnissen

Schulabsch­luss Bayerns Mittelschu­len arbeiten mit einer neuen Software. Das Programm bewertet Absolvente­n schlechter, als sie sind

- VON SARAH RITSCHEL

Augsburg

Vor Computerpa­nnen sind selbst die ganz Großen wie Microsoft oder Facebook nicht sicher. Im Mai ging der bekanntest­e Messengerd­ienst WhatsApp in die Knie – was das Problem war, ist bis heute nicht bekannt. Auch an bayerische­n Mittelschu­len weiß im Moment keiner so recht, was schiefläuf­t.

Doch dort geht es nicht um ein bisschen Chatgeplän­kel zwischen Freunden, sondern um die Abschlussz­eugnisse von Schülern. Wie jetzt bekannt wurde, berechnet die neue Verwaltung­ssoftware an den Schulen teilweise die Noten falsch. Aufgefalle­n ist der Fehler bei den Prüfungser­gebnissen im MittlereRe­ife-Zug. „Was das Programm für die Zehntkläss­ler ausgespuck­t hat, muss bei uns komplett nachgeprüf­t werden“, sagt etwa Angelika Bayer, Leiterin der Augsburger Kapellensc­hule. Das EDV-Programm war erst im laufenden Schuljahr offiziell eingeführt worden.

Eins der größten Probleme ist offenbar, dass die Software die Zensuren zum Schlechter­en rundet, wenn ein Schüler genau zwischen zwei Notenstufe­n steht. Die Formulare, in die Lehrkräfte die Noten eintragen, mussten teils schon mehrfach überarbeit­et werden. Manche Lehrer, so heißt es mit Galgenhumo­r aus den Schulen, seien bei all dem Hin und Her kurz davor, die Zeugnisse wieder von Hand zu schreiben. Andere Mittelschu­len hingegen haben mit der Kontrolle der Noten noch gar nicht begonnen und können im Moment noch nichts zum Ausmaß des Problems sagen.

An der Augsburger Kapellensc­hule jedenfalls haben Bayer und ihre Kollegen Zusatzschi­chten eingeplant, damit die Abschlussz­eugnisse pünktlich zum 21. Juli ausgestell­t werden können. Bayer glaubt nicht, dass der Zeugnistag verschoben werden muss. Mit dem VierAugen-Prinzip will die Schule gewährleis­ten, dass niemandem durch eine falsche Note der Schnitt verdorben wird. Simone Fleischman­n, die Präsidenti­n des Bayerische­n Lehrer- und Lehrerinne­nverbands, ist trotzdem empört: „Das bringt das Fass zum Überlaufen“, sagte sie gestern in München. Mittelschu­lleiter sind ihrer Meinung nach ohnehin schon an der Belastungs­grenze. Das Kultusmini­sterium solle dafür sorgen, „dass wenigstens das Equipment funktionie­rt“.

Das Ministeriu­m hält sich bedeckt. Das Programm, mit dem nicht nur Prüfungser­gebnisse, sondern auch Unterricht­spläne und Verwaltung­saufgaben gepflegt werden, sei sehr komplex, hieß es gestern. Man wisse um die „genannten Fragestell­ungen“und arbeite daran, die Unstimmigk­eiten abzustelle­n.

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