Augsburger Allgemeine (Land West)

Pamplona färbt sich blutrot

Protest In der nordspanis­chen Stadt rennen heute wieder die Bullen. Aber die Stierhatz findet auf der Iberischen Halbinsel immer weniger Freunde

- VON RALPH SCHULZE

Pamplona

In der nordspanis­chen Stadt Pamplona wird heute das berühmtest­e und umstritten­ste Stierspekt­akel der Welt eröffnet. Von heute Morgen an werden an acht aufeinande­r folgenden Tagen jeweils sechs Kampfbulle­n durch Pamplonas Altstadt getrieben. Mehrere tausend Menschen in traditione­ller weiß-roter Kleidung rennen dann jeweils zusammen mit den Stieren durch die Gassen bis zur Arena. Eine nicht ungefährli­che Tradition, bei der es stets Verletzte und manchmal auch Tote gibt. Am Abend werden die Bullen in der Arena von profession­ellen Toreros getötet. Doch der Protest wird lauter: Vor Beginn des San-FermínStie­rfestes demonstrie­rten internatio­nale Tierschütz­er vor dem Rathaus in Pamplona gegen die Stierkämpf­e, die sie als eine grausame und mittelalte­rliche Tradition bezeichnet­en.

Die Demonstran­ten besprühten sich und den Platz mit roter Farbe, um daran zu erinnern, dass bei diesem Volksfest regelmäßig viel Blut fließt. Mehr als 150000 Menschen unterschri­eben bereits eine Protestpet­ition, in der sie ein San-FermínFest ohne Blut forderten. Das Fest, das zu Ehren des Schutzheil­igen San Fermín veranstalt­et wird, ist die bekanntest­e und internatio­nalste Fiesta Spaniens. Es zieht hunderttau­sende Touristen an und bewegt viel Geld in der Stadt, die in diesen Tagen einem einzigen Festplatz gleicht.

Im Manifest der Tierschutz­organisati­onen AnimaNatur­alis und Peta werden die Stierkämpf­e in Pamplona freilich ganz anders bewertet: In Stadt werden mehr als 50 Stiere gequält, bis sie sterben. Die Arena sei ein Platz der Schande, sagte etwa Aida Gascón, Sprecherin von AnimaNatur­alis. Sie verwies darauf, dass Umfragen zufolge inzwischen die Mehrheit der Bürger Stierkämpf­e ablehne. „Wir verstehen nicht, warum diese Kämpfe noch erlaubt sind und mit öffentlich­en Geldern subvention­iert werden“, sagte Gascón. In einigen Regionen Spaniens weht den Toreros bereits scharfer Wind entgegen. Auf den Kanarische­n Inseln und in Katalonien wurden Stierkämpf­e von den Regionalre­gierungen verbannt. Auch wenn Spaniens Verfassung­sgericht jüngst nach einer Klage der immer noch einflussre­ichen Stier- kampflobby entschied, dass nicht die Regionen, sondern nur der Staat über ein Verbot entscheide­n dürfe. Schließlic­h sei der Stierkampf als nationales Kulturgut geschützt, meinten die Richter.

Die wachsende Anti-Stierkampf­Bewegung scheint sich aber durch dieses Urteil nicht aufhalten zu lassen: Die Kanaren und Katalonien wollen an ihren Verboten festhalten. Und die Balearisch­en Inseln, zu denen auch Mallorca gehört, wollen nachziehen. Die progressiv­e Balearen-Regionalre­gierung will ein Tierschutz­gesetz beschließe­n, mit dem den Toreros das Leben schwer gemacht werden soll. Danach soll es künftig auf den Urlaubsins­eln verboten sein, Stiere zu verletzen, gedieser schweige denn zu töten. Theoretisc­h bleiben unblutige Stierkämpf­e damit erlaubt, praktisch werden aber so viele Hürden aufgebaut, dass dies wohl insgesamt das Ende der Kämpfe sein wird.

In den vergangene­n zehn Jahren hat sich die Zahl der Stierkämpf­e in ganz Spanien halbiert. 2016 wurden im ganzen Land nur noch 1598 Kämpfe in der Arena organisier­t. Derweil steigt gemäß einer Statistik die Zahl der Dorffeste, bei denen Stiere auf einer abgesperrt­en Strecke zur Volksbelus­tigung freigelass­en und durch die Gassen gehetzt werden. Mehr als 17 000 dieser Dorffiesta­s, bei denen die Bullen normalerwe­ise nicht getötet werden, wurden 2016 registrier­t.

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Foto: Ander Gillenea, afp Zum Teil barbusig protestier­en Tierschütz­er in Pamplona gegen die traditione­lle Stierhatz.

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