Augsburger Allgemeine (Land West)
Pamplona färbt sich blutrot
Protest In der nordspanischen Stadt rennen heute wieder die Bullen. Aber die Stierhatz findet auf der Iberischen Halbinsel immer weniger Freunde
Pamplona
In der nordspanischen Stadt Pamplona wird heute das berühmteste und umstrittenste Stierspektakel der Welt eröffnet. Von heute Morgen an werden an acht aufeinander folgenden Tagen jeweils sechs Kampfbullen durch Pamplonas Altstadt getrieben. Mehrere tausend Menschen in traditioneller weiß-roter Kleidung rennen dann jeweils zusammen mit den Stieren durch die Gassen bis zur Arena. Eine nicht ungefährliche Tradition, bei der es stets Verletzte und manchmal auch Tote gibt. Am Abend werden die Bullen in der Arena von professionellen Toreros getötet. Doch der Protest wird lauter: Vor Beginn des San-FermínStierfestes demonstrierten internationale Tierschützer vor dem Rathaus in Pamplona gegen die Stierkämpfe, die sie als eine grausame und mittelalterliche Tradition bezeichneten.
Die Demonstranten besprühten sich und den Platz mit roter Farbe, um daran zu erinnern, dass bei diesem Volksfest regelmäßig viel Blut fließt. Mehr als 150000 Menschen unterschrieben bereits eine Protestpetition, in der sie ein San-FermínFest ohne Blut forderten. Das Fest, das zu Ehren des Schutzheiligen San Fermín veranstaltet wird, ist die bekannteste und internationalste Fiesta Spaniens. Es zieht hunderttausende Touristen an und bewegt viel Geld in der Stadt, die in diesen Tagen einem einzigen Festplatz gleicht.
Im Manifest der Tierschutzorganisationen AnimaNaturalis und Peta werden die Stierkämpfe in Pamplona freilich ganz anders bewertet: In Stadt werden mehr als 50 Stiere gequält, bis sie sterben. Die Arena sei ein Platz der Schande, sagte etwa Aida Gascón, Sprecherin von AnimaNaturalis. Sie verwies darauf, dass Umfragen zufolge inzwischen die Mehrheit der Bürger Stierkämpfe ablehne. „Wir verstehen nicht, warum diese Kämpfe noch erlaubt sind und mit öffentlichen Geldern subventioniert werden“, sagte Gascón. In einigen Regionen Spaniens weht den Toreros bereits scharfer Wind entgegen. Auf den Kanarischen Inseln und in Katalonien wurden Stierkämpfe von den Regionalregierungen verbannt. Auch wenn Spaniens Verfassungsgericht jüngst nach einer Klage der immer noch einflussreichen Stier- kampflobby entschied, dass nicht die Regionen, sondern nur der Staat über ein Verbot entscheiden dürfe. Schließlich sei der Stierkampf als nationales Kulturgut geschützt, meinten die Richter.
Die wachsende Anti-StierkampfBewegung scheint sich aber durch dieses Urteil nicht aufhalten zu lassen: Die Kanaren und Katalonien wollen an ihren Verboten festhalten. Und die Balearischen Inseln, zu denen auch Mallorca gehört, wollen nachziehen. Die progressive Balearen-Regionalregierung will ein Tierschutzgesetz beschließen, mit dem den Toreros das Leben schwer gemacht werden soll. Danach soll es künftig auf den Urlaubsinseln verboten sein, Stiere zu verletzen, gedieser schweige denn zu töten. Theoretisch bleiben unblutige Stierkämpfe damit erlaubt, praktisch werden aber so viele Hürden aufgebaut, dass dies wohl insgesamt das Ende der Kämpfe sein wird.
In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Stierkämpfe in ganz Spanien halbiert. 2016 wurden im ganzen Land nur noch 1598 Kämpfe in der Arena organisiert. Derweil steigt gemäß einer Statistik die Zahl der Dorffeste, bei denen Stiere auf einer abgesperrten Strecke zur Volksbelustigung freigelassen und durch die Gassen gehetzt werden. Mehr als 17 000 dieser Dorffiestas, bei denen die Bullen normalerweise nicht getötet werden, wurden 2016 registriert.