Augsburger Allgemeine (Land West)

Zu alt für die Bank?

Bundesliga Der Trend geht zum jungen Trainer. Neururer, Veh und Co. sind derzeit kaum gefragt. Stattdesse­n nehmen beispielsw­eise Manuel Baum und Julian Nagelsmann die begehrten Plätze ein. Das aber kann sich schnell ändern

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Stuttgart

Mirko Slomka macht gerade Urlaub auf Mallorca. Robin Dutt berät eine Firma für Videospiel­e. Armin Veh ist mal hier und mal da, aber meistens daheim in Augsburg. Und Peter Neururer steht auf dem Golfplatz, wenn er nicht gerade Vorträge hält. Was die vier eint: Sie sind Fußballtra­iner – ohne Anstellung. Die begehrten Jobs haben derzeit andere. Manuel Baum geht mit 37 Jahren in seine erste komplette Saison als Trainer des FC Augsburg. Domenico Tedesco, 31 Jahre jung, trainiert erstmals einen Bundesliga­Klub und dann gleich den FC Schalke 04. Julian Nagelsmann ist 29, arbeitet aber seit über einem Jahr erfolgreic­h als Coach von 1899 Hoffenheim. Auch Alexander Nouri von Werder Bremen ist mit 37 noch vergleichs­weise jung. Um die sogenannte­n Erfahrenen wie Veh, Slomka und Co. ist es dagegen still geworden.

Was sich aber schnell wieder ändern kann, glaubt Neururer. „Was ist denn, wenn diejenigen, die gerade auf einer solchen Erfolgswel­le schwimmen, mal ein paar Niederlage­n erleben“, fragt Neururer, seit rund zweieinhal­b Jahren ohne Trainerjob. Dann dürften auch sogenannte Feuerwehrl­eute, vielleicht sogar der immerhin schon 62-jährige Neururer, wieder gefragt sein. Dann dürfte auch die Erfahrung eines Trainers wieder eine Rolle spielen. Oder verändern sich die Bedürfniss­e im Trainerges­chäft gerade grundsätzl­ich (siehe Randbemerk­ung)?

Nein, findet Frank Wormuth. „Die erfahrenen Trainer sind nicht aus dem Geschäft raus. Vor allem, wenn ein Klub in Abstiegsno­t gerät“, sagt der Chefausbil­der des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). „Dann werden auch Trainer wie Bruno Labbadia und Co. wieder eine Rolle spielen.“Bereits zum zehnten Mal leitet Wormuth derzeit den Fußballleh­rer-Lehrgang an der Hennes-Weisweiler-Akademie in Hennef. In all den vergangene­n Jahren hat er die verschiede­nsten Trainer-Typen durch die Ausbildung begleitet.

Nagelsmann, Nouri und Tedesco absolviert­en erst im vergangene­n Jahr die Prüfungen bei ihm. Hannes Wolf vom VfB Stuttgart hat die Lizenz schon länger, war vor seinem überrasche­nden Engagement beim VfB aber auch nur Experten be- „Die jungen Trainer werden in den Nachwuchsl­eistungsze­ntren groß“, sagt Wormuth. Baum beispielsw­eise leitete das Nachwuchsz­entrum, ehe er zum Nachfolger von Dirk Schuster als Trainer der Bundesliga­manschaft berufen wurde.

Ob die jungen Trainer nun eine U17, U19 oder die Profis trainieren, mache für Baum und Co. von den Abläufen her gar keinen großen Unterschie­d mehr. „Sie müssen sich nicht groß umstellen. Der größte Unterschie­d ist sicher die mediale Aufmerksam­keit“, schätzt Wormuth.

Ein Eindruck, den der neue Mainzer Trainer Sandro Schwarz bestätigt. Auf die Frage, inwiefern sich der Job als Profi-Coach von der Verantwort­ung für eine zweite Mannschaft unterschei­det, antwortete der 38-Jährige flapsig: „Ich kriege mehr SMS-Nachrichte­n.“

„Man sollte auch abwarten, was passiert, wenn sie mal eine sportliche Krise mit ihren Vereinen erlekannt. ben“, sagt Wormuth mit Blick auf Nagelsmann, Baum, Tedesco und Co. Es könnte also gut sein, dass Trainer wie Veh oder Labbadia ihre fußballeri­sche Auszeit bald wiederbeen­den können.

Armin Veh ist seit dem 1. Juli wieder auf dem Markt, sein Vertrag mit Eintracht Frankfurt lief Ende Juni aus. Wer den gebürtigen Augsburger kennt, der ist sich sicher, dass das Thema Trainer für Veh noch nicht beendet ist. Veh glaubt, dass es in Zukunft auch für routiniert­e Übungsleit­er Arbeitsplä­tze geben wird. „Erfahrung“, sagt er „ist im Fußball durch nichts zu ersetzen.“Anfragen laufen bei ihm offenbar immer wieder ein, konkrete Angebote scheinbar nicht. „Ich bin nach allen Seiten offen“, beschrieb er kürzlich seine Situation.

Auch Peter Neururer gibt die Hoffnung noch nicht auf. Schließlic­h hat der 62-Jährige schon zahlreiche Klubs vor dem Abstieg gerettet. Und sollte ein Verein in Not geraten, „setzt man nicht auf diejenigen, die sich mit solchen Situatione­n nicht auskennen, sondern auf die, die sich auskennen“, sagt Neururer. So, wie er selbst.

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Foto: dpa(2), Wagner Peter Neururer, Mirko Slomka und Armin Veh (von links) können immer noch lachen – auch wenn sie seit längerer Zeit ohne An stellung bei einem Bundesligi­sten sind. Die Erfahrung zeigt: Irgendwann kommen sie alle wieder unter.
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Manuel Baum

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