Augsburger Allgemeine (Land West)
Foltermord Prozess: Tat war noch brutaler als bekannt
Justiz Piotr S. hat seine Freundin gefoltert und totgeprügelt. Ein Rechtsmediziner schildert die schlimmen Verletzungen
Augsburg
Er spricht über das Grauen in einer nüchternen, wissenschaftlichen Sprache. Das ist die Aufgabe des Münchner Rechtsmediziners Dr. Randolph Penning. Er hat die Leiche von Marlena P., 33, untersucht. Als der Arzt im Schwurgerichtssaal in Augsburg seine Ergebnisse vorträgt, wird trotz aller Sachlichkeit die ganze Brutalität deutlich, mit der die aus Polen stammende Frau getötet wurde. In ihrem Gesicht waren massive Schwellungen und Blutergüsse. Einblutungen gab es auch am Hals, am Oberkörper und im Genitalbereich. Rund 20 Rippen waren gebrochen, dazu kamen Brüche des Brustwirbelkörpers und zweier Lendenwirbelfortsätze. Marlena P. starb an einer starken Hirnschwellung, der Blutkreislauf im Hirn war unterbrochen.
Piotr S., 32, hat die Frau, die seine Freundin war, am 25. Oktober vorigen Jahres so schlimm zugerichtet. Der Pole, der als Leiharbeiter in Landsberg arbeitete, war eifersüchtig. Er war überzeugt, sie sei ihm nicht treu und habe eine Affäre. Er hat gestanden, dass er Marlena P. in seinem Zimmer in einer Arbeiterunterkunft in Großaitingen mit Schlägen traktiert hat. Zur Strafe für die angebliche Affäre hat er ihr teilweise die Haare abrasiert. S. sagt, er habe seine Freundin dazu bringen wollen, dass sie den Namen des Liebhabers verrät. Das konnte sie aber wohl gar nicht. Die Ermittlungen haben ergeben, dass sie Piotr S. treu war.
Der Rechtsmediziner geht davon aus, dass Piotr S. noch brutaler vorging, als er es zugibt. Mehrere Verletzungen am Körper der Getöteten deuteten darauf hin, sagt Randolph Penning, dass der Angeklagte das Opfer „sehr wahrscheinlich“auch mehrfach getreten hat. Dazu kommt eine Verbrennung an einem Fuß von Marlena P., die nahe legt, dass der Täter sie mit einer glühenden Zigarette quälte. Piotr S. ist wegen Mordes angeklagt. Und es spricht nahezu alles dafür, dass er am heutigen Freitag auch als Mörder verurteilt wird. Der Psychiater Richard Gruber hält den Angeklagten zudem für voll schuldfähig. S. sei zwar von wohl grundloser Eifersucht getrieben gewesen. Aber eine „felsenfeste Überzeugung“, auch wenn sie falsch sei, sei nicht unbedingt ein Wahn.
Staatsanwältin Martina Neuhierl sagt, Piotr S. habe einen „absoluten Besitzanspruch“erhoben, den er mit Gewalt durchsetzen wollte. Sie sieht die Tat als Mord. Und selbst Verteidiger Klaus Rödl geht im Plädoyer davon aus, dass die Tat ein Mord war. S. habe seine Freundin nicht töten wollen. Er habe durch sein brutales Vorgehen ihren Tod aber billigend in Kauf genommen. Das reiche. Bei einer Mord-Verurteilung muss Piotr S. mit einer lebenslangen Haftstrafe rechnen. Er könnte dann frühestens nach 15 Jahren auf Bewährung freikommen.