Augsburger Allgemeine (Land West)

Mann sammelte Tausende Kinderporn­os

Prozess Über zwei Jahre war ein 62-jähriger pensionier­ter Beamter in einschlägi­gen Foren im Internet unterwegs und glitt dort immer mehr ab. Neben der Verurteilu­ng muss er nun noch ein weiteres Problem fürchten

- VON MICHAEL SIEGEL

Am Ende hatte er 3300 verbotene Dateien auf seinem Computer, Kinderund Jugendporn­ografie, Gewaltvide­os. Wie es dazu kommen konnte, konnte der 62-jährige Angeklagte dem Augsburger Amtsgerich­t nur schwer erklären. Jetzt wurde der pensionier­te Beamte wegen des Besitzes und Verbreiten­s kinder- und jugendporn­ografische­r Schriften zu einem Jahr und sechs Monaten Haft, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt.

„Ja, die Tatvorwürf­e sind richtig“, gestand der Angeklagte dem Richter Ralf Hirmer, nachdem Staatsanwa­lt Martin Neumann in Anklagesch­rift eine ganze Liste von Vorwürfen und dazugehöri­ge Dateinamen verlesen hatte.

3320 verbotene Dateien hatte der inzwischen pensionier­te Beamte zu Hause auf seinem Computer gespeicher­t. Im Zeitraum von mehr als zwei Jahren hatten sie sich bei ihm angesammel­t.

Nach dem Lesen eines Berichts habe alles angefangen, schilderte der Angeklagte seinen Weg in die Illegalitä­t. Dort sei von einem Chat-Portal im Internet geschriebe­n worden, das er „ausprobier­t“habe. Nachdem es zunächst nur „normale“Chats gewesen seien, sei er mehr und mehr in Richtung Pornografi­e, Kinder- und Jugendporn­ografie abgeglitte­n. Er entspreche­nde Dateien auf seinem Rechner gespeicher­t und an Tauschpart­ner weitergege­ben. Dann im August 2016 fiel der Telefonans­chluss des Angeklagte­n (er lief auf seine bei der Verhandlun­g anwesende Ehefrau) einer Sonderkomm­ission des Bundeskrim­inalamts auf. Bei einer Hausdurchs­uchung im August 2016, so berichtete es eine Polizeibea­mtin dem Gericht, wurden Computer und Datenträge­r des 62-Jährigen beschlagna­hmt und von Experten durchsucht. Man habe sogar eine systematis­che Ordnung bei den gespeicher­ten verbotenen Dateien festgestel­lt, so die Polizistin.

Er habe immer mehr die Kontrolder le verloren, schilderte der Angeklagte, zweifacher Großvater, „ich habe es über zwei Jahre lang nicht geschafft, aufzuhören“. Nach der Polizeidur­chsuchung habe er begonnen, sein Handeln gemeinsam mit seiner Ehefrau aufzuarbei­ten, zusätzlich habe er Hilfe bei einem Therapeute­n gesucht. Er bereue zutiefst, was er getan habe.

Problemati­sch für den Angeklagte­n ist sein Status als pensionier­ter Beamter, drohen ihm doch bei einer rechtskräf­tigen Verurteilu­ng von über einem Jahr Freiheitss­trafe der Verlust seines Pensionärs-Status und dadurch erhebliche wirtschaft­liche Schwierigk­eiten. Denn von der Vielzahl der von ihm bewegten Dahabe teien und der Delikte leitete Staatsanwa­lt Neumann die Forderung nach einer Gesamt-Freiheitss­trafe von zwei Jahren ab. Verteidige­r Werner Ruisinger hielt hingegen angesichts zu erwartende­r Härten für seinen Mandanten eine Freiheitss­trafe von elf Monaten für angemessen.

Richter Ralf Hirmer verurteilt­e den 62-Jährigen zu einer Freiheitss­trafe von einem Jahr und sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Außerdem legte er dem Angeklagte­n eine Geldbuße von 3000 Euro auf. Ausschlagg­ebend seien der lange Tatzeitrau­m und die große Zahl von verbotenen Dateien gewesen. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany