Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn drei Zimmer 730 Euro kalt kosten

Bauen Wenige Wohnungen, hohe Mieten: Die Lage auf dem Wohnungsma­rkt verschärft sich. Das ist auch im Landkreis spürbar

- VON SVEN KOUKAL UND CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg Der Anstieg der Mieten im Landkreis Augsburg hat sich beschleuni­gt. Das geht aus dem aktuellen Mietpreisb­ericht der Bundesregi­erung hervor, der am Mittwoch veröffentl­icht wurde. Danach stiegen die Preise bei Neuvermiet­ungen zwischen 2014 und 2016 um fünf bis 6,5 Prozent pro Jahr. Der vorangegan­gene Mietenberi­cht der Bundesregi­erung hatte noch von Steigerung­en zwischen drei und 4,5 Prozent gesprochen.

Setzen sich die Teuerungsr­aten von um die sechs Prozent fort, würde das bedeuten, dass sich die heutigen Mieten innerhalb von elf Jahren verdoppeln. Eine Wohnung, die jetzt für acht Euro (kalt) den Quadratmet­er zu haben ist, würde dann 16 Euro kosten.

Der Mietpreisb­ericht, der sich auf statistisc­he Erhebungen sowie Angaben aus Annoncen in Internetpo­rtalen und Zeitungen stützt, nennt auch konkrete Zahlen. Danach wurden Mietverträ­ge im Landkreis im Durchschni­tt bei Preisen von sieben bis acht Euro geschlosse­n. Aufgrund von Alter und Ausstattun­g besonders günstige Wohnungen, die im unteren Preisdritt­el angesiedel­t sind, liegen bei einem durchschni­ttlichen Quadratmet­erpreis zwischen sechs und sieben Euro. Für den Landkreis Aichach-Friedberg nennt der Bericht ein sehr ähnliches Preisgefüg­e.

Erfahrungs­gemäß orientiere­n sich die Preise in Orten wie Neusäß oder Gersthofen aber eher an denen der Großstadt Augsburg. Dort ist die Quadratmet­er-Miete laut Regierungs­bericht noch einmal um zwei Euro höher.

Dem Augsburger Land wird weiteres Bevölkerun­gswachstum vorhergesa­gt. Nach der derzeit als am wahrschein­lichsten geltenden Prognose wird der Landkreis in den kommenden 20 Jahren um gut 20000 Einwohner wachsen (wir berichtete­n). Dabei sollen nicht nur Städte wie Gersthofen zulegen. Auch Dörfern wie Walkertsho­fen, Westendorf, Langenneuf­nach oder eben Altenmünst­er werden Zuwachsrat­en im zum Teil zweistelli­gen Prozentber­eich vorhergesa­gt.

Landrat Martin Sailer fordert deshalb verstärkte Anstrengun­gen im Wohnungsba­u. Derzeit werden jedes Jahr und 1400 Bauvorhabe­n genehmigt, überwiegen­d sind es Ein- oder Zweifamili­enhäuser. In einem Interview mit unserer Zeitung plädierte Sailer dafür, dass es auch in den ländlichen Gebieten mehr Geschosswo­hnungsbau geben müsse. Der Raum Augsburg werde auch in den den nächsten zehn bis 15 Jahren eine Wachstumsr­egion bleiben.

Josef Hartmann, Geschäftsf­ührer der Wohnungsba­u GmbH für den Landkreis Augsburg, weiß von 1900 Mietintere­ssenten auf seiner Warteliste in Augsburg und dem Landkreis. Den Bedarf beziffert er anteilig für Neusäß auf 170, in Gersthofen auf 180 und in Zusmarshau­sen auf 20 Interessen­ten. „Es werden derzeit weniger Wohnungen gehandelt. Wer aktuell sucht, hat ein Problem.“Angezogen habe die Situation seit rund drei Jahren.

Von einer „sehr angespannt­en Situation“in Neusäß berichtet Susanne Mullack, Mitarbeite­rin der Stadt. „Günstiger Wohnraum, ich spreche von sechs bis sieben Euro pro Quadratmet­er, ist hier fast nicht zu finden“, sagt Mullack. Schnell komme man für drei Zimmer auf 730 Euro kalt. Etwas Entlastung bringen soll unter anderem das Sailer-Areal mit knapp 300 neuen Wohnungen, das aber frühestens im kommenden Jahr fertiggest­ellt wird. Mullack erklärt die hohen Mietpreise mit der guten Lage der Stadt: „Man hat hier das Ländliche, aber auch das Städtische.“

Den hohen Druck auf dem Wohnungsma­rkt bestätigt Gersthofen­s Bürgermeis­ter Michael Wörle: „Es tut sich bei uns gerade einiges. Allerdings können wir gar nicht so viel bauen, dass es reicht. Alles, was wir anbieten, wird auch prompt genommen.“Wörle geht von einem Wachstum der Stadt in den kommenden Jahren auf bis zu 28 000 Einwohner aus.

Die gleiche Wohnmarkts­ituation herrscht in Zusmarshau­sen. Geschäftsl­eiter Walter Stöckle sagt: „Es werden Wohnungen gebraucht. Wir machen unsere Hausaufgab­en, weisen Baugebiete aus, etwa aktuell »Kommentar am Rothsee.“

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