Augsburger Allgemeine (Land West)
Wenn drei Zimmer 730 Euro kalt kosten
Bauen Wenige Wohnungen, hohe Mieten: Die Lage auf dem Wohnungsmarkt verschärft sich. Das ist auch im Landkreis spürbar
Landkreis Augsburg Der Anstieg der Mieten im Landkreis Augsburg hat sich beschleunigt. Das geht aus dem aktuellen Mietpreisbericht der Bundesregierung hervor, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Danach stiegen die Preise bei Neuvermietungen zwischen 2014 und 2016 um fünf bis 6,5 Prozent pro Jahr. Der vorangegangene Mietenbericht der Bundesregierung hatte noch von Steigerungen zwischen drei und 4,5 Prozent gesprochen.
Setzen sich die Teuerungsraten von um die sechs Prozent fort, würde das bedeuten, dass sich die heutigen Mieten innerhalb von elf Jahren verdoppeln. Eine Wohnung, die jetzt für acht Euro (kalt) den Quadratmeter zu haben ist, würde dann 16 Euro kosten.
Der Mietpreisbericht, der sich auf statistische Erhebungen sowie Angaben aus Annoncen in Internetportalen und Zeitungen stützt, nennt auch konkrete Zahlen. Danach wurden Mietverträge im Landkreis im Durchschnitt bei Preisen von sieben bis acht Euro geschlossen. Aufgrund von Alter und Ausstattung besonders günstige Wohnungen, die im unteren Preisdrittel angesiedelt sind, liegen bei einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis zwischen sechs und sieben Euro. Für den Landkreis Aichach-Friedberg nennt der Bericht ein sehr ähnliches Preisgefüge.
Erfahrungsgemäß orientieren sich die Preise in Orten wie Neusäß oder Gersthofen aber eher an denen der Großstadt Augsburg. Dort ist die Quadratmeter-Miete laut Regierungsbericht noch einmal um zwei Euro höher.
Dem Augsburger Land wird weiteres Bevölkerungswachstum vorhergesagt. Nach der derzeit als am wahrscheinlichsten geltenden Prognose wird der Landkreis in den kommenden 20 Jahren um gut 20000 Einwohner wachsen (wir berichteten). Dabei sollen nicht nur Städte wie Gersthofen zulegen. Auch Dörfern wie Walkertshofen, Westendorf, Langenneufnach oder eben Altenmünster werden Zuwachsraten im zum Teil zweistelligen Prozentbereich vorhergesagt.
Landrat Martin Sailer fordert deshalb verstärkte Anstrengungen im Wohnungsbau. Derzeit werden jedes Jahr und 1400 Bauvorhaben genehmigt, überwiegend sind es Ein- oder Zweifamilienhäuser. In einem Interview mit unserer Zeitung plädierte Sailer dafür, dass es auch in den ländlichen Gebieten mehr Geschosswohnungsbau geben müsse. Der Raum Augsburg werde auch in den den nächsten zehn bis 15 Jahren eine Wachstumsregion bleiben.
Josef Hartmann, Geschäftsführer der Wohnungsbau GmbH für den Landkreis Augsburg, weiß von 1900 Mietinteressenten auf seiner Warteliste in Augsburg und dem Landkreis. Den Bedarf beziffert er anteilig für Neusäß auf 170, in Gersthofen auf 180 und in Zusmarshausen auf 20 Interessenten. „Es werden derzeit weniger Wohnungen gehandelt. Wer aktuell sucht, hat ein Problem.“Angezogen habe die Situation seit rund drei Jahren.
Von einer „sehr angespannten Situation“in Neusäß berichtet Susanne Mullack, Mitarbeiterin der Stadt. „Günstiger Wohnraum, ich spreche von sechs bis sieben Euro pro Quadratmeter, ist hier fast nicht zu finden“, sagt Mullack. Schnell komme man für drei Zimmer auf 730 Euro kalt. Etwas Entlastung bringen soll unter anderem das Sailer-Areal mit knapp 300 neuen Wohnungen, das aber frühestens im kommenden Jahr fertiggestellt wird. Mullack erklärt die hohen Mietpreise mit der guten Lage der Stadt: „Man hat hier das Ländliche, aber auch das Städtische.“
Den hohen Druck auf dem Wohnungsmarkt bestätigt Gersthofens Bürgermeister Michael Wörle: „Es tut sich bei uns gerade einiges. Allerdings können wir gar nicht so viel bauen, dass es reicht. Alles, was wir anbieten, wird auch prompt genommen.“Wörle geht von einem Wachstum der Stadt in den kommenden Jahren auf bis zu 28 000 Einwohner aus.
Die gleiche Wohnmarktsituation herrscht in Zusmarshausen. Geschäftsleiter Walter Stöckle sagt: „Es werden Wohnungen gebraucht. Wir machen unsere Hausaufgaben, weisen Baugebiete aus, etwa aktuell »Kommentar am Rothsee.“