Augsburger Allgemeine (Land West)
Radltest: Wo es in Neusäß brenzlig wird
Verkehr Wer in der Stadt auf zwei Rädern unterwegs ist, muss aufpassen. Ein Versuch, der es in sich hat
Neusäß Beim Fahrradklimatest des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs hat die Stadt Neusäß mit der Gesamtwertung 3,1 ganz passabel abgeschnitten. Eigentlich verwunderlich, denn wer sich mit dem Rad auf den Hauptstraßen der Stadt bewegt, merkt: Hier liegt noch einiges im Argen.
AZ-Mitarbeiter Tobias Karrer hat mit seinem Vater Georg Schäff eine Tour durchs Stadtgebiet unternommen und die Situation für Radfahrer getestet. Auf der Rundfahrt zeigte sich das fehlende Radwegekonzept. Hin und wieder heißt es Absteigen und Schieben oder es ist sogar eine gefährliche Vollbremsung nötig. Hier die Plus- und Minuspunkte im Radverkehr:
Schutzstreifen auf der Westheimer Straße und Lohwaldstraße
Erst 2016 wurde die Westheimer Straße saniert und dabei hat die Stadt auch auf die Bedürfnisse der Radler geachtet. Bis zu den Bauarbeiten gab es hier nur einen Gehund Radweg Richtung Klinikum und auf der anderen Seite keine Einrichtung für Radler. Mittlerweile gibt es einen 1,5 Meter breiten Schutzstreifen in beide Richtungen, der außerdem entlang der Parkbuchten sogar noch etwas breiter ausgefallen ist.
Ähnlich verhält es sich auf der Lohwaldstraße. Bis Anfang 2016 gab es hier nur schmale, rote Schutzstreifen. „Diese waren nur circa einen Meter breit und somit nicht regelkonform“, erklärt Tanja Meir vom Verkehrswesen der Stadt Neusäß. Im Zuge der Fahrbahnsanierung wurde die eigentlich vorgesehene weiß-gestrichelte Linie eingeführt und verbreitert. Radler können hier jetzt relativ unbeschwert unterwegs sein.
Gefährliche Unterführungen
Richtig brenzlig wird es, wenn Radler in Neusäß unter der Bahnlinie durchfahren müssen. Ein Beispiel ist die Unterführung der Hauptstraße. Wer hier in Richtung Titania unterwegs ist, muss gut aufpassen, um nicht doch einen der Pendler zu überfahren, die vom Zug kommen. Der Gehweg ist hier für Fahrräder freigegeben, ist dafür aber nicht breit genug. Außerdem fehlt vor der Unterführung ein Schild, das Radler zum Absteigen auffordert. Lediglich ein wenig auffälliges Schild oberhalb des Eingangs warnt vor den Zuggästen.
Auch wer sich in Neusäß nicht auskennt und unbeschwert auf den Schutzstreifen auf der Westheimer Straße dahinfährt, erlebt bald eine Überraschung. Etwa 100 Meter bevor es unter der Bahnlinie durchgeht, hört der Streifen plötzlich auf und die Straße wird enger. Radler müssen sich für die Fahrt durch die enge Unterführung in die Schlange der wartenden Autos einreihen. Das Problem: Ungeduldige Autofahrer überholen die Radler noch kurz vor der Unterführung. Eine echte Gefahrenstelle und auch bei der Testfahrt kam es an der Engstelle fast zum Zusammenstoß.
Weldenbahn Radweg
Wer sich allerdings auskennt, kann diese Stelle auf dem nur für Radler und Fußgänger ausgebauten Stück des Weldenbahn-Radwegs umfahren. Die Strecke führt mitten durch die Stadt und liegt trotzdem ruhig unter Bäumen im Grünen.
Fahrräder frei?
Auf großen Teilen der Lohwaldstraße, entlang des Gewerbegebiets, und der Hauptstraße in Neusäß dürfen Radler den Fußweg benutzen, das bestätigt die Beschilderung. Entlang der Eisdiele an der Hauptstraße wird es dabei besonders eng. Radeln auf dem Gehweg bedeutet Slalom zwischen der Bestuhlung des Cafés, abgestellten Fahrrädern und eisschleckenden Passanten – das ist in der Praxis unmöglich. Vielen Radfahren ist aber nicht klar, was „Fahrräder frei“bedeutet: Theoretisch müssten sie hier in Schrittgeschwindigkeit unterwegs sein und wer mit einem Fußgänger zusammenstößt, hat vor Gericht schlechte Karten.
Beschilderung
Eines muss man der Stadt Neusäß als Radfahrer zu Gute halten: Es ist fast unmöglich, sich zu verfahren. Die Schilder stehen an prominenten Stellen und weißen nicht nur den Weg zu umliegenden Gemeinden, sondern auch zu wichtigen Orten in Neusäß, wie dem Rathaus oder der Stadthalle.
Schulzentrum
Schüler, die auf ihrem Schulweg über die Ortlieb und die LandratDr. Frey-Straße unterwegs sind, haben es schwer mit dem Fahrrad. Es gibt hier weder Schutzstreifen noch Fahrradweg. Außerdem ist der Regionalbus unterwegs und Autofahrer nutzen die Strecke als Schleichweg zum Gewerbegebiet, oder ins Zentrum der Stadt. Zu den Stoßzeiten scheint an der Kreuzung Ortlieb- und Hauptstraße ziemlich viel los zu sein. Für Fahrradfahrer ist hier kaum ein Durchkommen.