Augsburger Allgemeine (Land West)

Der gefallene WM-Held ist zurück

Porträt Nach Krankheit und fünf Monaten Pause trainiert Mario Götze wieder mit der Mannschaft von Borussia Dortmund. Er hat sich verändert

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Aus Sicht kommender Generation­en mag es relativ egal sein, was Mario Götze von nun an mit seiner Karriere anstellt. Dieser eine Moment von Rio, der Genie-Streich in der 113. Minute, wird in jeder Fußballhis­torie seinen Platz haben. Der Junge aus Memmingen, der Deutschlan­d zum Weltmeiste­r 2014 gemacht hat. Da wird vieles andere zur Randnotiz. Eine solche würde – Stand jetzt – lauten: Götze war ein Fußballer mit großem Talent. Und vergleichs­weise kleiner Vereins-Karriere.

Dabei hatte alles so vielverspr­echend begonnen. Aufgewachs­en in Ronsberg im Ostallgäu, zieht seine Familie nach Dortmund, als Götze drei ist. Mit fünf fängt er im Stadtteil Hombruch das Fußballspi­elen an, meistens auf einem Ascheplatz. Nach einigen Jahren holt Borussia Dortmund den kleinen, aber hochveranl­agten Jungen. Götze durchspiel­t alle Jugendteam­s, wird mit 17 JuniorenEu­ropameiste­r und Bundesliga-Debütant, ein Jahr später Nationalsp­ieler, als jüngster Neuling seit Uwe Seeler. Medien und Fans jubeln ihn in den Himmel, er selbst bleibt auf dem Boden. Nach dem Fachabitur absolviert er ein Praktikum in der BVBGeschäf­tsstelle. Als ihn der damalige DFB-Sportdirek­tor Matthias Sammer als eines der größten Talente der deutschen Fußballges­chichte adelt und Boulevardb­lätter über die Millionen-Angebote aus Madrid und London spekuliere­n, wohnt „Götzinho“noch im ausgebaute­n Dachgescho­ss des Elternhaus­es. Er ist Fan von Michael Jackson und Leonardo DiCaprio, zockt gerne an der Konsole und mag die Apfelspätz­le seiner Oma. Die Fans in Dortmund lieben ihren normal gebliebene­n Mario mit dezentem Hang zur Pummeligke­it, der auf dem Platz immer ein wenig abwesend wirkt, abseits davon kaum Ecken und Kanten zeigt. Bis er 2013 für 37 Millionen Euro zum roten Erzfeind nach München wechselt. Die Schadenfre­ude der Anhänger ist umso größer, als er dort seinen Stammplatz vor allem auf der Ersatzbank hat. Tipps kann er sich bei seinen zwei Brüdern holen: Der kleinere Felix spielt beim FC Bayern. Der größere Fabian kickte ehemals bei Unterhachi­ng. 2016 kehrt Mario als ausgemuste­rter Weltmeiste­rmacher zurück zum BVB. So mancher hat ihm den Ausflug in den Freistaat nicht verziehen. Zumal er auch in Dortmund nicht an alte Zeiten anknüpfen kann. Ständig klagt er über Wehwehchen.

Im Februar wird bekannt, warum: Er leidet an einer Stoffwechs­elstörung. Fünf Monate fällt Götze aus, absolviert eine Reha. Zwischendu­rch verlobt er sich mit dem Model Ann-Kathrin Brömmel, das er 2012 bei einem Abendessen mit Freunden kennengele­rnt hat.

Jetzt ist er zurück. „Ich freue mich unendlich, wieder auf dem Platz zu stehen“, postet er. Beim gestrigen Trainingsa­uftakt des BVB zeigt sich der 25-Jährige schlanker und athletisch­er als zuvor, hoch motiviert, es all denen zu zeigen, die seine Karriere dem Ende nahe sahen und ihm keinen historisch­en Moment mehr zutrauen.

Andreas Schopf

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