Augsburger Allgemeine (Land West)

Küsschen hier, aber nicht da

Diplomatie Als die Kanzlerin die Gipfelteil­nehmer begrüßt, gibt es feine Unterschie­de. Und dann bringen zwei Herren den Ablauf durcheinan­der

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Hamburg

Es sind ein paar Minuten der kleinen Gesten und Signale: Alle Welt schaut hin, als Angela Merkel gestern Vormittag bei ihrem bisher wohl schwierigs­ten G20-Gipfel die anderen Staats- und Regierungs­chefs empfängt. Nur eine Konstante gibt es beim traditione­llen Defilee der Mächtigen: Fast jedes Mal macht Merkel nach dem Handshake beim Blick in die Kameras mit den Händen ihre berühmte Raute.

Nach dem EU-Duo, Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsid­ent Donald Tusk, kommt federnd Emmanuel Macron als erster Präsident um die Ecke gebogen – Merkels junger neuer EUHoffnung­sträger aus Frankreich – Küsschen auf die Kanzlerinn­enWangen inklusive. Kurz danach treten zwei der schwierigs­ten Kanzlerinn­en-Gäste dieser G20-Runde im Minutentak­t nacheinand­er auf. Erst der Türke Recep Tayyip Erdogan – der Mann, der Merkel und die Bundesregi­erung gerne mit Nazi-Vergleiche­n überzieht und kurz vor der Veranstalt­ung mit neuen Attacken provoziert­e. Dann erscheint Wladimir Putin, der nach einem auffällig ernsten Wortwechse­l mit einem Lächeln und Kopfnicken von Merkel in Richtung erster Arbeitssit­zung gehen kann.

Für die Begrüßung gibt es eigentlich eine protokolla­risch strenge Rangfolge: Zuerst die Funktion, dann die Anciennitä­t, im Klartext: Staatschef­s sind höherrangi­g als Regierungs­chefs, daher werden zuerst die Regierungs­chefs begrüßt. Und dabei gilt jeweils: Je länger man im Amt ist, desto später wird man begrüßt. Doch in Hamburg bringen unter anderem US-Präsident Donald Trump und dessen chinesisch­er Amtskolleg­e Xi Jinping die Reihenfolg­e durcheinan­der.

Nachdem 15 der hochrangig­en Gäste an Merkel vorbeigezo­gen sind, erklärt das Protokoll das Defilee für beendet, Merkel tritt ab. Doch ein paar Minuten später erscheint die Kanzlerin dann doch noch mal zum Händeschüt­teln: Nicht nur Trump und Xi hatten Verspätung, auch der südkoreani­sche Präsident Moon Jae In. Etwas aus der Reihe tanzt dann vor allem Trump, nicht nur, weil er einen deutlichen Umweg genommen hatte: Der US-Präsident steuert mit ausgestrec­kter rechter Hand auf Merkel zu, fasst ihr beim Händeschüt­teln mit der linken an den Ellenbogen. Als sie ihm schon den Weg zur Eröffnungs­sitzung weist, bleibt er erst noch für die Kameras stehen. Als er mit einer seiner typischen Gesten – einer optimistis­ch geballten rechten Faust – weiterzieh­t, wartet Merkel schon auf den nächsten Gast, einen neuen potenziell­en Verbündete­n bei diesem Gipfel: Chinas Präsident Xi.

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Küsschen für den französisc­hen Hoff nungsträge­r Emmanuel Macron.
 ?? Fotos: dpa ?? Ausgestrec­kte Hand vom unberechen­ba ren Donald Trump.
Fotos: dpa Ausgestrec­kte Hand vom unberechen­ba ren Donald Trump.
 ??  ?? Spürbare Distanz zum türkischen Präsi denten Recep Tayyip Erdogan.
Spürbare Distanz zum türkischen Präsi denten Recep Tayyip Erdogan.

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