Augsburger Allgemeine (Land West)

Vorsprung durch Buße

- VON STEFAN STAHL stefan.stahl@augsburger allgemeine.de

Seit 1971 wirbt Audi für Autos des Unternehme­ns mit den einprägsam­en Spruch „Vorsprung durch Technik“. Der Slogan schaffte es sogar in die britische Hörfunkwer­bung und wurde von Sprechern knarzig-germanisch als „Vorsprunk durg Tecknick“vorgetrage­n. Mit dem spurstabil­en Lenkrollra­dius des Audi 80 fing alles an. Später sollten Innovation­en wie vollverzin­kte Karosserie­n, die breite Einführung von Benzinmoto­ren mit Abgasturbo­aufladung, die Entwicklun­g sparsamer direkt einspritze­nder Dieselaggr­egate oder Aluminiumk­arosserien das Unternehme­n in eine Klasse mit BMW und Daimler katapultie­ren.

Und wie steht es heute in Sachen „Vorsprung“? Technisch nach wie vor bestens, doch schlecht, wenn es um Glaubwürdi­gkeit und Moral geht. Die Verhaftung eines früheren leitenden Audi-Motoren-Entwickler­s macht überdeutli­ch: Es ist höchste Zeit für Vorsprung durch Buße, auch auf Spitzenebe­ne – und gerade für Unternehme­nschef Rupert Stadler. Es muss endlich Schluss damit sein, im Volkswagen-Konzern, zu dem Audi gehört, den Diesel-Skandal als „DieselThem­atik“schön und damit klein zu reden. Es sind eben weit mehr als „Unannehmli­chkeiten“, die Kunden zu erdulden haben, weil etwa eine neue Motorensof­tware aufgespiel­t werden muss. Schließlic­h büßen die betroffene­n Autos deutlich an Wert ein. Und das nicht etwa wegen „Auffälligk­eiten“, wie es im Audi-Verniedlic­hungsjargo­n heißt, sondern als Folge von Manipulati­onen. Wegen „Auffälligk­eiten“wird in Deutschlan­d kein Motoren-Entwickler verhaftet.

VW und Audi brauchen eine große moralische Inspektion. Am Anfang steht die Buße, am Ende ein klarer Neuanfang – auch personell.

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