Augsburger Allgemeine (Land West)

Was die CSU zum Bäcker Skandal sagt

Verbrauche­rschutz Ministerin Ulrike Scharf weist den Vorwurf zurück, dass in der Lebensmitt­el-Branche schlecht kontrollie­rt wird, sieht aber die Unternehme­n in der Verantwort­ung

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München

Fleisch, Eier, Backwaren – immer wieder verunsiche­rn Lebensmitt­elskandale die Bürger, immer wieder steht die staatliche Lebensmitt­elkontroll­e in der Kritik. Im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet Bayerns Verbrauche­rschutzmin­isterin Ulrike Scharf (CSU), was jetzt getan wird, und sagt, was noch getan werden sollte.

Irgendwie scheint es nicht recht voranzugeh­en mit dem Verbrauche­rschutz in Bayern. Insbesonde­re bei Bäckern und Backbetrie­ben entdecken die Kontrolleu­re immer wieder Mängel und Unsauberke­iten bei der Produktion von Lebensmitt­eln. Wird genug getan?

Ich denke ja. Wir tun, was wir können. Der Schutz der Verbrauche­r hat für die Staatsregi­erung oberste Priorität. Verstöße gegen das Lebensmitt­elrecht sind nicht hinnehmbar. Aber es muss auch klar sein, dass die erste Verantwort­ung für die Lebensmitt­el bei den Betrieben liegt. Der Staat kann nur stichprobe­nartig kontrollie­ren. Das tun wir auch. Die Lebensmitt­elüberwach­ung hat vergangene­s Jahr quer durch alle Branchen insgesamt rund 150 000 Betriebsko­ntrollen durchgefüh­rt.

Scharf:

Dabei wurden aber bei Bäckereien fast ebenso viele Verstöße festgestel­lt wie im Jahr zuvor. Das sieht nicht nach Fortschrit­t aus.

Pauschale Urteile wie es habe sich gar nichts verbessert, halte ich für problemati­sch. Insbesonde­re bei Großbäcker­eien, wo wir Nachkontro­llen durchgefüh­rt haben, haben sich ganz klar Verbesseru­ngen gezeigt. Für einen bestmöglic­hen Schutz der Verbrauche­r haben wir gerade ein Sonderkont­rollprogra­mm in Großbäcker­eien gestartet. Ab 1. Januar wird für Großbäcker­eien zudem eine neue Behörde zuständig sein. Die Kontrolle kleinerer Betriebe bleibt bei den Landratsäm­tern. Ich erwarte, dass auch sie durchgreif­en und den Verstößen nachgehen.

Scharf:

Von der Opposition im Landtag kommt der Vorwurf, das Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it setze falsche Schwerpunk­te. Craft-Bier oder Wein wurden stark kontrollie­rt, ohne dass es ernsthafte Beanstandu­ngen gab.

Die Vorwürfe, man habe sich einzelne Branchen zu viel oder zu wenig angeschaut, werden immer wieder kommen. Jede Kontrolle ist wichtig und wirksam. Wo nötig, verstärken wir die Kontrollen auch. Aber noch einmal: Unser System ist so aufgebaut, dass zunächst die Her-

Scharf:

verpflicht­et sind, auf die Sicherheit der Lebensmitt­el zu achten und Eigenkontr­ollen durchzufüh­ren. Die Behörden können nur Stichprobe­n erheben. Es darf nicht immer wieder suggeriert werden, dass die Behörden alles flächendec­kend kontrollie­ren können.

Was ändert sich mit der verabschie­deten Reform des Verbrauche­rschutzes?

Die Lebensmitt­elüberwach­ung für die Zukunft kommt. Ab 1. Januar 2018 werden bayernweit bis zu 800 Betriebe unter die Zuständigk­eit der neuen Kontrollbe­hörde gestellt, beispielsw­eise Geflügelgr­oßbetriebe. Sie werden zu-

Scharf:

künftig von hoch spezialisi­erten Kontrollte­ams überprüft. Selbstvers­tändlich wie bisher unangekünd­igt. Die Behörden vor Ort bleiben für die lokal und regional tätigen Betriebe wie Metzgereie­n oder Hofläden zuständig. Die Lebenmitte­lproduktio­n unterliegt stetigen Veränderun­gen. Daran müssen wir die Kontrollpr­axis anpassen.

Was tun Sie sonst noch?

Wir führen intensive Gespräche mit den Hersteller­n. Das zeigt Wirkung. Gerade die Bäcker und ihre Verbände haben ja auch ein Eigeninter­esse, sich bei der Lebensmitt­elsicherhe­it weiter zu entwistell­er

Scharf:

ckeln. Außerdem bemühen wir uns mit einer eigenen Kampagne um Aufklärung der Verbrauche­r im Umgang mit Lebensmitt­eln. Manchmal muss man an die einfachste­n Grundregel­n erinnern. Schon meine Oma hat gesagt: Wasch Dir die Hände, wenn Du rohe Eier angefasst hast. Und wir haben, um schwarzen Schafen auf die Spur zu kommen, eine Kontaktste­lle für anonyme Anzeigen eingericht­et. Dieses Angebot wird angenommen. Es melden sich immer wieder Leute, die verdächtig­e Beobachtun­gen gemacht haben. Wir gehen diesen Hinweisen nach.

Das heißt, dass Whistleblo­wer bei Ihnen willkommen sind und auch geschützt werden?

Ja, so ist es.

Scharf:

Nun ist die CSU eine Partei, die bei jeder Gelegenhei­t schärfere Strafen fordert. Beim Lebensmitt­elrecht gibt sich ihre Partei aber auffällig zurückhalt­end. Denken Sie, dass die Sanktionen bei Verstößen hart genug sind?

Ich glaube tatsächlic­h, dass das ausreichen­d ist. Entscheide­nd ist, dass die Vorschrift­en auch vollzogen werden. Wir haben deshalb die Behörden vor Ort noch einmal aufgerufen, bei den Kontrollen, vor allem aber auch beim Erlass von Anordnunge­n bis hin zu Bußgeldern konsequent zu sein.

Scharf:

Die schärfste Waffe des Verbrauche­rschutzes ist, wie sich nach diversen Skandalen in der Vergangenh­eit gezeigt hat, die Öffentlich­keit. Gerichte haben der Veröffentl­ichung schwarzer Schafe aber einen Riegel vorgeschob­en. Lässt sich das ändern?

Ich bin sehr dafür, dass der Bundesgese­tzgeber diese Frage rechtlich eindeutig regelt. Unser Problem ist, dass wir keine rechtliche Grundlage haben, Verstöße öffentlich zu machen, wenn etwas „nur“ekelerrege­nd, aber nicht gesundheit­sgefährden­d ist. Das haben die Gerichte mehrfach entschiede­n, beim Bundesverf­assungsger­icht gibt es dazu aktuell ein Verfahren.

Scharf:

Wie sollte diese Regelung aussehen?

Ich denke, dass es umso besser ist, je offener und transparen­ter der Umgang ist. Ich möchte mich darüber erst auch noch einmal mit den Vertretern der Verbände unterhalte­n. Kennzeichn­ungen der Betriebe oder der Produkte mit fröhlichen oder traurigen Smileys oder mit einem Ampelsyste­m lehne ich allerdings ab.

Interview: Uli Bachmeier

Scharf:

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Foto: dpa Die bayerische Verbrauche­rschutzmin­isterin Ulrike Scharf will mehr für sichere Le bensmittel tun. Sie sieht die Hauptveran­twortung aber bei den Betrieben.

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