Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein „Schönspieler mit Durchschlagskraft“
Inn. Der Linksaußen und -rückraumspieler macht schnell auf sich aufmerksam. Es folgen Einladungen zu Sichtungslehrgängen, Spiele für die Jugend- und Juniorennationalmannschaft, unter anderem als Kapitän bei der Juniorenweltmeisterschaft 1979 in Dänemark. „Ein unglaublich schönes Erlebnis“, sagt Anthuber. Mit 18 läuft er für den TSV Milbertshofen in der Bundesliga auf, drei Jahre später für den Ligakonkurrenten MTSV Schwabing. Teamkollege in beiden Vereinen ist Peter Lechner. „Matthias war ein Schönspieler“, beschreibt er den Handballer Anthuber. „Aber einer mit Durchschlagskraft.“Ebenfalls auffällig für den Weggefährten: „Er war sehr zielstrebig, auch außerhalb des Spielfeldes.“
Anthuber arbeitet parallel zum Handball an seiner Medizin-Karriere, studiert an der LMU in München. „Ich wollte unbedingt Chirurg werden, so wie mein Vater“, sagt er. Den Leistungssport nutzt er als Ausgleich zum theorielastigen Medizinstudium. Anfang der 80er-Jahrer erlebt Anthuber seinen sportlichen Karrierehöhepunkt. Der damalige Bundestrainer Vlado Stenzel beruft ihn in die Nationalmannschaft. Der 1,90-Meter-Mann spielt zwei Testspiele in Reykjavík gegen Gastgeber Island, steht beide Male 30 Minuten auf dem Feld der ausverkauften Halle. Ein Tor gelingt ihm nicht. Trotzdem, die Auftritte vor 8000 handballverrückten Isländern beschreibt Anthuber als „sensationell“.
Es waren die ersten und auch letzten Spiele für die A-Nationalmannschaft. Einen Teil dazu beigetragen hat Anthubers Verhältnis zu Bundestrainer Stenzel. Dieser sei ein brillanter Stratege und Taktiker gewesen, sagt Anthuber. „Aber im Umgang mit jungen Spielern war er extrem hart, teilweise demütigend.“Heute komme er mit Stenzel gut aus, wird von ihm – laut eigener Aussage – als zu seiner Zeit „bester Linksaußen Deutschlands“bezeichnet. „Das hätte er mir damals sagen müssen“, ärgert sich Anthuber.
So oder so wird es für ihn nach dem Ende des Studiums immer schwieriger, Sport und Beruf zu vereinen. Zwei Jahre lang ist er gleichzeitig Bundesligaspieler und Assistenzarzt an der herzchirurgischen Klinik in Großhadern. Sechs Trainingseinheiten in der Woche neben 36-Stunden-Schichten im Krankenhaus. „Eine harte Zeit“, sagt Anthuber. Von heute auf morgen hört er mit dem Handball auf.
„Der Sport war immer nur Hobby und Spaß für mich.“Fortan konzentriert er sich auf den Beruf. Wie sehr, macht die Tatsache deutlich, dass er seit seinem Karriereende den Ball nur noch zu drei Benefizspielen in die Hand nimmt – aus Angst vor einer Verletzung, die ihn im Job zurückwirft. Anthuber arbeitet sich über die Kliniken in Regensburg, Altötting und Augsburg zum Oberund schließlich zum Chefarzt hoch. Im kommenden Jahr wird er zum Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie ernannt.
Beruflich ist Anthuber oben angekommen. Trotzdem ist die Handball-Karriere für ihn r allgegenwärtig. „Der Sport hat mich unglaublich geprägt, ich profitiere heute noch jeden Tag davon“, sagt er. Sein Team führe er wie eine Mannschaft im Leistungssport. Heißt: Gemeinsam nach Erfolg streben, die Stärken jedes Einzelnen einbringen, mit fairen Mitteln kämpfen, bei Rückschlägen nicht empfindlich sein und sich wieder zurückarbeiten. „Diese Prinzipien aus dem Sport kommuniziere ich in jedem Bewerbungsgespräch“, sagt Anthuber.
Er selbst betätigt sich mittlerweile anderweitig. Beim Golf hat er Handicap 8,8 und spielt am heutigen Samstag auch beim Presse Cup der Augsburger Allgemeinen zugunsten der Kartei der Not mit. Auf dem Grün hält er außerdem Verbindungen zur Handballszene aufrecht. Jedes Jahr trifft er sich mit Ehemaligen zum Golfen, unter anderem mit Heiner Brand, Daniel Stephan und Stefan Kretzschmar. Anthuber sagt: „Im Vergleich zu ihnen war ich ja ein kleines Licht.“Aber nur, was das Sportliche angeht. O
stellen wir erfolgrei che Sportler vor, die nach dem Ende ih rer Laufbahn nicht im Fach bleiben und Trainer oder Manager werden, sondern in einem ganz anderen Bereich Karriere machen.
In unserer Serie