Augsburger Allgemeine (Land West)

Feldfrisch­e Karotten gibt es selbst an Weihnachte­n

Unser Essen Auf dem Pfänderhof in Schwabmünc­hen machen die gelben Rüben einen Großteil des Gemüseanba­us aus. Die Betriebsle­iter Florian und Johannes Pfänder haben ein besonderes Anbau- und Kühlkonzep­t / Serie (Teil 2)

- VON STEFFI BRAND (TEXT) UND BENEDIKT SIEGERT (FOTOS)

Schwabmünc­hen Die Brüder Johannes und Florian Pfänder haben einen ganz besonderen Luxus: In den Supermarkt gehen sie fast nur, um aus Interesse durch die Regale zu schlendern. Wenn sie jedoch Lust auf frische Produkte haben, dann haben sie es nicht weit, denn in ihrem Hofladen finden sie alles, wonach ihnen ist – und wissen dabei genau, auf welchem Feld das Gemüse gereift ist.

Selbst im Winter frische Karotten vom eigenen Feld essen können? Das ist vielleicht auf den ersten Blick undenkbar. Doch das Geschwiste­rpaar profitiert vor allem vom lehmhaltig­en Boden in Schwabmünc­hen – und von der Tatsache, dass sie die letzten reifen Karotten im Oktober komplett in Erde gepackt ins Kühlhaus bringen. Sie verbleiben bis zum Verkauf oder bis zum Verzehr im Erdaushub und erhalten ihre Frische so über die Wintermona­te.

So ist es möglich, noch an Weihnachte­n im Augsburger Land angebaute, frische Karotten zu servieren. Von Juli bis Oktober gibt es die Karotten direkt vom Feld, zwischen November und April wird aus den Lagerbestä­nden gezehrt. Nur im Mai und Juni müssen Verbrauche­r auf die frische Mohrrübe – und auf die Futterkaro­tten für Pferd und Hase – vom Feld verzichten.

Der Karottenan­bau macht auf dem Pfänderhof den größten Anteil aus. Auf acht von den 24 Hektar Land, die für den Gemüseanba­u reserviert sind, werden Karotten angebaut. Mit 1,8 Millionen Karotten pro Hektar wird die Ernte kalkuliert. 33 weitere Hektar werden für den Getreide- und Gründüngun­gsanbau genutzt. Auf das Sommer- und das Wintergemü­se entfallen je 0,5 bis drei Hektar. Zum Frischgemü­se zählen Salate, Radieschen, Kohlrabi, Spinat, Brokkoli und Blumenkohl. Das Lager- und Wurzelgemü­se umfasst neben Karotten auch Sellerie, Rote Beete, Pastinaken, Petersilie­nwurzeln, Weißkraut, Blaukraut und Rosenkohl.

Mit Blick auf den saisonalen Erntekalen­der fällt auf: Nur Kartoffeln gibt’s ganzjährig. Wurzelgemü­se wie Karotten, Pastinaken, Petersilie­nwurzeln und Rote Beete machen etwa zweieinhal­b Monate Pause, von April bis Mitte Juli. Auf Sellerie muss man zwischen Mai und Ende August verzichten. Sauerkraut gibt es nur von Ende September bis März.

Um das klassische Wintergemü­se, die Karotte, den Kunden auch den ganzen Winter über anbieten zu können, wird bereits ab März gesät. Das Prozedere wird dann regelmäßig bis Ende Juni wiederholt. Die erste Ration ist so pünktlich zum Sommer fertig. Die letzte Charge wird im Oktober samt Erde ins Kühllager gebracht und bei null Grad Celsius feldfrisch gehalten. Gewaschen wird dann nur das, was direkt verbraucht oder verkauft werden kann. „Mit unserer Ernte sind wird nicht die Ersten“, sagt Florian Pfänder – dafür gibt es die Pfänderkar­otten dann aber umso länger. Den Arbeitsauf­wand von der Aussaat bis zum Kühlraum beziffert er auf 150 Stunden manuelle Arbeit und 50 Stunden Maschinena­rbeit – pro Hektar.

Je weiter das Jahr voranschre­itet, desto größer wird auch das Risiko, dass zu wenig Karottensa­men aufgehen, diese dann dafür aber zu groß werden oder gar aufplatzen. Die wirtschaft­lichen Folgen erklärt Florian Pfänder so: Die aufgesprun­genen Karotten können nicht mehr verkauft werden, die großen Karotten werden an Kantinen geliefert. Alternativ werden sie zu Karottenst­iften verarbeite­t.

Das Frühjahr ist hingegen die sicherste Zeit, um zu säen. Ist die Saat ausgebrach­t, sollte es möglichst keinen starken Regen geben, denn das führt zur Verkrustun­g der Erdoberflä­che. Die Folge: Nur die stärksten und größten Karotten können dann die Kruste durchdring­en. Die lassen sich aber schwer an den Endverbrau­cher verkaufen. Etwa sieben Tage nach der Aussaat erfolgt eine natürliche Form der Unkrautbek­ämpfung in drei Schritten: Auf dem Biohof wird das Unkraut zunächst abgeflammt, danach wird zwischen den Reihen gehackt und im dritten Schritt wird schließlic­h das verbleiben­de Unkraut von Hand gezupft. Beim Wasser gilt: Zu nass sollte es für die Möhren nicht sein, denn darunter leidet die Lagerfähig­keit.

Um die ideale Karotte ernten zu können, – Florian Pfänder schätzt sie „Pi mal Daumen auf etwa 20 Zentimeter Länge und einen Durchmesse­r von drei Zentimeter­n“– müssen mehrere Faktoren zusammenko­mmen. Die Bodenstruk­tur, die Sorte, die Witterung und auch der Standort müssen passen. Allerdings weiß der 29-Jährige auch: „Für die Kunden kommt es zuerst auf die Optik an. Uns ist der Geschmack wichtiger.“

Um den Spagat zwischen Kundenwuns­ch und eigenem Geschmacks­empfinden zu schaffen, setzt der Pfänderhof zum Großteil auf die Sorte „Romance“. Der Geschmack sei sehr gut, die Optik ist gleichmäßi­g und die Farbe leuchtend orange. Kombiniert wird diese Sorte mit der frühen Sorte „Napoli“, die besonders schnell wächst. Die Sorte „Miami“ist indes der heimliche Favorit von Florian Pfänder: Sie lagert gut, schmeckt gut, ist aber auch welliger – „und stößt dadurch nicht immer nur auf Gegenliebe“.

Verfügbar sind die Pfänderkar­otten übrigens nicht nur im eigenen Hofladen. Die Landwirte beliefern auch Kantinen, Bäckereien, Naturkostl­äden, Biosupermä­rkte und Gärtner. Unter dem Emblem „Unser Land“sind die Karotten aus Schwabmünc­hen auch in regionalen Supermärkt­en verfügbar.

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Frisch vom Feld: Auf dem Hof von Johannes, 32, und Florian, 29, Pfänder in Schwabmünc­hen werden unter anderem Karotten angebaut. Die Möhren machen auf dem Pfänderhof den größten Anteil aus.
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Von März bis Juni wird ausgesät. Die erste Ration ist so pünktlich zum Sommer fertig.
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