Augsburger Allgemeine (Land West)
Feldfrische Karotten gibt es selbst an Weihnachten
Unser Essen Auf dem Pfänderhof in Schwabmünchen machen die gelben Rüben einen Großteil des Gemüseanbaus aus. Die Betriebsleiter Florian und Johannes Pfänder haben ein besonderes Anbau- und Kühlkonzept / Serie (Teil 2)
Schwabmünchen Die Brüder Johannes und Florian Pfänder haben einen ganz besonderen Luxus: In den Supermarkt gehen sie fast nur, um aus Interesse durch die Regale zu schlendern. Wenn sie jedoch Lust auf frische Produkte haben, dann haben sie es nicht weit, denn in ihrem Hofladen finden sie alles, wonach ihnen ist – und wissen dabei genau, auf welchem Feld das Gemüse gereift ist.
Selbst im Winter frische Karotten vom eigenen Feld essen können? Das ist vielleicht auf den ersten Blick undenkbar. Doch das Geschwisterpaar profitiert vor allem vom lehmhaltigen Boden in Schwabmünchen – und von der Tatsache, dass sie die letzten reifen Karotten im Oktober komplett in Erde gepackt ins Kühlhaus bringen. Sie verbleiben bis zum Verkauf oder bis zum Verzehr im Erdaushub und erhalten ihre Frische so über die Wintermonate.
So ist es möglich, noch an Weihnachten im Augsburger Land angebaute, frische Karotten zu servieren. Von Juli bis Oktober gibt es die Karotten direkt vom Feld, zwischen November und April wird aus den Lagerbeständen gezehrt. Nur im Mai und Juni müssen Verbraucher auf die frische Mohrrübe – und auf die Futterkarotten für Pferd und Hase – vom Feld verzichten.
Der Karottenanbau macht auf dem Pfänderhof den größten Anteil aus. Auf acht von den 24 Hektar Land, die für den Gemüseanbau reserviert sind, werden Karotten angebaut. Mit 1,8 Millionen Karotten pro Hektar wird die Ernte kalkuliert. 33 weitere Hektar werden für den Getreide- und Gründüngungsanbau genutzt. Auf das Sommer- und das Wintergemüse entfallen je 0,5 bis drei Hektar. Zum Frischgemüse zählen Salate, Radieschen, Kohlrabi, Spinat, Brokkoli und Blumenkohl. Das Lager- und Wurzelgemüse umfasst neben Karotten auch Sellerie, Rote Beete, Pastinaken, Petersilienwurzeln, Weißkraut, Blaukraut und Rosenkohl.
Mit Blick auf den saisonalen Erntekalender fällt auf: Nur Kartoffeln gibt’s ganzjährig. Wurzelgemüse wie Karotten, Pastinaken, Petersilienwurzeln und Rote Beete machen etwa zweieinhalb Monate Pause, von April bis Mitte Juli. Auf Sellerie muss man zwischen Mai und Ende August verzichten. Sauerkraut gibt es nur von Ende September bis März.
Um das klassische Wintergemüse, die Karotte, den Kunden auch den ganzen Winter über anbieten zu können, wird bereits ab März gesät. Das Prozedere wird dann regelmäßig bis Ende Juni wiederholt. Die erste Ration ist so pünktlich zum Sommer fertig. Die letzte Charge wird im Oktober samt Erde ins Kühllager gebracht und bei null Grad Celsius feldfrisch gehalten. Gewaschen wird dann nur das, was direkt verbraucht oder verkauft werden kann. „Mit unserer Ernte sind wird nicht die Ersten“, sagt Florian Pfänder – dafür gibt es die Pfänderkarotten dann aber umso länger. Den Arbeitsaufwand von der Aussaat bis zum Kühlraum beziffert er auf 150 Stunden manuelle Arbeit und 50 Stunden Maschinenarbeit – pro Hektar.
Je weiter das Jahr voranschreitet, desto größer wird auch das Risiko, dass zu wenig Karottensamen aufgehen, diese dann dafür aber zu groß werden oder gar aufplatzen. Die wirtschaftlichen Folgen erklärt Florian Pfänder so: Die aufgesprungenen Karotten können nicht mehr verkauft werden, die großen Karotten werden an Kantinen geliefert. Alternativ werden sie zu Karottenstiften verarbeitet.
Das Frühjahr ist hingegen die sicherste Zeit, um zu säen. Ist die Saat ausgebracht, sollte es möglichst keinen starken Regen geben, denn das führt zur Verkrustung der Erdoberfläche. Die Folge: Nur die stärksten und größten Karotten können dann die Kruste durchdringen. Die lassen sich aber schwer an den Endverbraucher verkaufen. Etwa sieben Tage nach der Aussaat erfolgt eine natürliche Form der Unkrautbekämpfung in drei Schritten: Auf dem Biohof wird das Unkraut zunächst abgeflammt, danach wird zwischen den Reihen gehackt und im dritten Schritt wird schließlich das verbleibende Unkraut von Hand gezupft. Beim Wasser gilt: Zu nass sollte es für die Möhren nicht sein, denn darunter leidet die Lagerfähigkeit.
Um die ideale Karotte ernten zu können, – Florian Pfänder schätzt sie „Pi mal Daumen auf etwa 20 Zentimeter Länge und einen Durchmesser von drei Zentimetern“– müssen mehrere Faktoren zusammenkommen. Die Bodenstruktur, die Sorte, die Witterung und auch der Standort müssen passen. Allerdings weiß der 29-Jährige auch: „Für die Kunden kommt es zuerst auf die Optik an. Uns ist der Geschmack wichtiger.“
Um den Spagat zwischen Kundenwunsch und eigenem Geschmacksempfinden zu schaffen, setzt der Pfänderhof zum Großteil auf die Sorte „Romance“. Der Geschmack sei sehr gut, die Optik ist gleichmäßig und die Farbe leuchtend orange. Kombiniert wird diese Sorte mit der frühen Sorte „Napoli“, die besonders schnell wächst. Die Sorte „Miami“ist indes der heimliche Favorit von Florian Pfänder: Sie lagert gut, schmeckt gut, ist aber auch welliger – „und stößt dadurch nicht immer nur auf Gegenliebe“.
Verfügbar sind die Pfänderkarotten übrigens nicht nur im eigenen Hofladen. Die Landwirte beliefern auch Kantinen, Bäckereien, Naturkostläden, Biosupermärkte und Gärtner. Unter dem Emblem „Unser Land“sind die Karotten aus Schwabmünchen auch in regionalen Supermärkten verfügbar.