Augsburger Allgemeine (Land West)
B2: Gefährliche Allergiepflanze breitet sich aus
Natur Ambrosia wächst zu Tausenden am Straßenrand bei Meitingen. Wie Abgase das Unkraut noch aggressiver machen
Meitingen
Wer mit dem Auto auf der Bundesstraße 2 unterwegs ist, rechnet mit Staus aber nicht mit fiesen Pollen. Doch genau die könnten einem bald bei Meitingen ins Auto segeln. Der Grund: Auf Höhe Meitingen, genauer gesagt bei Erlingen – fühlt sich die Ambrosia pudelwohl. Das Unkraut, das bis zu zwei Metern hoch wird, hat sich dort entlang der Straße auf einer Länge von rund einem Kilometer breit gemacht. Das Gefährliche an dieser Pflanze ist, dass bereits kleinste Mengen der Pollen heftige allergische Reaktionen hervorrufen können.
Erst vor einigen Tagen war dort Stefan Nawrath unterwegs. Der Diplombiologe arbeitet im Auftrag des bayerischen Gesundheitsministeriums und beobachtet die Ausbreitung der Ambrosia. Am Straßenrand hat er die aggressive Grünpflanze ausgemacht. Weil dort erst vor Kurzem gemäht wurde, ist die Ambrosia derzeit gerade mal sieben bis zehn Zentimeter groß. Dennoch ist er sich sicher: „Das ist ein richtig großes Vorkommen mit mehreren Tausend Pflanzen“. Doch die Ambrosia taucht nicht nur im Bereich von Meitingen auf. Nawrath hat auf dieser Strecke die ersten Exemplare ab Gersthofen entdeckt.
Viele Allergiker fürchten die Pflanze. Wenn sie Anfang oder Mitte August zu blühen beginnt, kann sie pro Exemplar bis zu einer Milliarde Pollen freisetzen. Diese zählen zu den stärksten Allergieauslösern. Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml erklärt, dass als Reaktion darauf besonders häufig Asthma auftritt. Auch Menschen, die bislang keinen Heuschnupfen oder eine Allergie hatten, können darauf reagieren. Das Gemeine daran: Bei denjenigen, die bereits eine Allergie gegen heimische Pollen haben, kann es zu einer Ausweitung auf Ambrosia kommen. Da diese Pflanze spät blüht, verlängert sich so die saisonale Leidenszeit der Betroffenen um bis zu zwei Monaten.
Da sich das Unkraut vor allem an Straßenrändern wohlfühlt, nicht nur an der B2 sondern beispielsweise auch am Autobahnring der A 99 rund um München, kommt es zu einer unguten Mischung. Forscher des Helmholtz-Zentrums in München haben herausgefunden, dass Abgase die Aggressivität von Ambrosia-Pollen verstärken. Die Pollen würden eine gesteigerte Allergenmenge aufweisen, wenn die Pflanze stickstoffdioxidhaltigen Abgasen ausgesetzt sei, so das Forschungszentrum in einer Mitteilung.
Das bedeutet, dass auch die Pollen der Ambrosia bei Meitingen noch aggressiver sein könnten. Der Diplombiologe erklärt, dass in der Zeit der Blüte die Pollen der Pflanzen an der B2 beim Vorbeifahren auch ins Innere des Autos gelangen können, etwa bei geöffneten Fenstern oder wenn die Lüftung keinen Pollenfilter hat.
Nawrath hält es für wichtig, die Pflanzen jetzt zu bekämpfen. Da das Vorkommen bei Erlingen zu groß ist, um die Ambrosia einzeln herauszureißen, rät er zum Einsatz von Heißdampf. Mit dieser Methode, die Mitte bis Ende Juli angewandt werden soll, habe man bereits in Franken gute Ergebnisse erzielt. Denn es gibt ein weiteres Problem. Wird Ambrosia zu spät gemäht, dann gelangt der Samen in das Mähwerk und verbreitet sich noch großflächiger.
Wenn Nawrath Vorkommen von Ambrosia am Straßenrand entdeckt, meldet er dies der Obersten Baubehörde. Doch die Kommunikation scheint nicht immer zu funktionieren, denn die Verantwortlichen im staatlichen Straßenbauamt in Augsburg zeigen sich verwundert, dass es an der B 2 bei Meitingen derart viele Ambrosia-Pflanzen geben soll. „Wir haben keine Meldung darüber bekommen“, sagt Peter Neumayer von der Behörde. Er erklärt aber, dass das Straßenbauamt in diesem Fall für die Beseitigung der Pflanzen neben der Fahrbahn zuständig wäre.
Das Thema Ambrosia sollte einen höheren Stellenwert bekommen, erklärt Nawrath. Er hält auch eine rechtliche Regelung für wichtig. In Bayern gebe es noch nicht allzu viel Pflanzen und somit die Chance, das Ruder nochmals herumzureißen. Anders sehe es beispielsweise in Brandenburg aus. „Da kriegt man die Ambrosia nicht mehr weg“, sagt er.
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