Augsburger Allgemeine (Land West)

Nacktheit ist sittlich. Was uns „sexualisie­rt“, ist Kleidung

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möglich, sodass allein dazu keine Vereine nötig sind. Am Kissinger Auensee etwa erfrischen sich schon seit viele Jahren ungestört die „Nackedeis“. Offiziell geregelt ist dies zwar nicht, wird aber von der Gemeinde toleriert. „Wir sehen da auch keine Probleme“, sagt Kissings Bürgermeis­ter Manfred Wolf. „Nur leider ist an schönen Tagen manchmal alles zugeparkt.“

Überhaupt ist das Thema Nudismus heute kein Anlass mehr für große öffentlich­e Debatten. Unbekleide­te Körper im Theater, Kunstaktio­nen mit Nackten in Städten, hüllenlose Sonnenbade­r in Parks – das alles erhitzt die Gemüter in der Regel kaum. Auch um den unermüdlic­hen Freiburger Nacktjogge­r Peter Niehenke ist es ruhig geworden. Mehr Diskussion­en als um Barbusige gibt es derzeit um Burkini-Trägerinne­n, nämlich: Sollte solch üppige Badekleidu­ng in Bädern erlaubt sein? Migration, sagt Möhring, brächte auch die Konfrontat­ion mit anderen Körpernorm­en mit sich. „Es geht nicht darum, was besser oder schlechter ist“, sagt sie. „In der Zukunft wird man neu verhandeln müssen: Was ist eigentlich normal?“

Auch die Ingolstädt­er Naturisten setzen auf die Zukunft und harren neuer Interessen­ten. „Wir glauben, dass es eines Tages besser wird“, sagt Josef N. mit einem tapferen Lächeln. Diese Hoffnung ist nicht aus der Luft gegriffen: Beim Sportbund Helios Augsburg-Kissing etwa verzeichne­t man seit ein paar Jahren wieder einen Mitglieder­zuwachs. Sei’s den FKKlern vergönnt. Für „Textiler“ist Nackt-Auftreten wohl gewöhnungs­bedürftig: Jedenfalls fühlt es sich ganz in Ordnung an, wieder in Kleider zu schlüpfen und davonzurad­eln.

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