Augsburger Allgemeine (Land West)

Welche Daten den Chef nichts angehen

Karriere Neue Techniken bieten längst die Möglichkei­t, vieles auszuwerte­n. Doch Unternehme­n dürfen nicht alles

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Frankfurt Wer Datenschut­z hört, denkt meist zuerst an Facebook oder Google. Doch Datenkrake­n gibt es nicht nur im Internet, sondern auch am Arbeitspla­tz. Und je digitaler die Arbeitswel­t, desto mehr Arbeitnehm­er betrifft das Thema Datenschut­z im Job direkt – und desto komplizier­ter wird es. Dabei ist die Rechtslage im Grunde simpel: Was der Chef nicht unbedingt wissen muss, darf er nicht wissen. „Informatio­nelle Selbstbest­immung ist ein Grundrecht, das man an der Bürotür nicht abgibt“, sagt Norbert Geyer, Fachanwalt für IT-Recht und Experte für Datenschut­z. „Der Arbeitgebe­r darf Daten daher nur erheben, wenn es für die Arbeit und das Arbeitsver­hältnis erforderli­ch ist.“

Konkret bedeutet das: Manche Informatio­nen muss der Arbeitgebe­r einfach haben – Name, Anschrift und Geburtstag zum Beispiel. Ansonsten kann er keine vernünftig­e Gehaltsabr­echnung erstellen. Was darüber hinausgeht, bleibt aber Privatsach­e. Hier geht das Schutzrech­t sogar so weit, dass Arbeitgebe­r bestimmte Dinge nicht einmal fragen dürfen. So ist es zum Beispiel bei der Frage nach einer Schwangers­chaft, wie der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) erläu- tert. Ein weiteres Beispiel: Bei einem Lkw-Fahrer darf der Arbeitgebe­r per GPS kontrollie­ren, ob er sich an die Pausenzeit­en hält. Denn die sind gesetzlich vorgeschri­eben. Er darf dabei aber nicht erfassen, wo der Fahrer gerade ist, erklärt Norbert Geyer. Das zu wissen, ist für einen Logistiker zwar praktisch, aber nicht notwendig. Natürlich sammeln viele Arbeitgebe­r solche Daten trotzdem. Das ist auch völlig legitim – solange es passende Betriebsve­reinbarung­en gibt oder der Arbeitnehm­er zustimmt.

Oft unterschre­iben Angestellt­e deshalb mit dem Arbeitsver­trag entspreche­nde Einwilligu­ngen. Die Dokumente müssen aber klar getrennt sein. „Der Mitarbeite­r muss das Gefühl haben, dass er in seiner Entscheidu­ng frei ist und eine Verweigeru­ng das Arbeitsver­hältnis nicht gefährdet“, erklärt Geyer.

Manche Daten darf der Arbeitgebe­r auch sammeln, weil es sich indirekt aus dem Arbeitsver­trag ergibt. Verbietet er zum Beispiel privates Surfen, muss er im Grunde kontrollie­ren, ob sich die Beschäftig­ten daran halten. Dabei sei aber nicht jedes Überwachun­gsmittel rechtens: Hier müsse immer abgewogen werden zwischen den Rechten des Arbeitgebe­rs und dem Recht auf informatio­nelle Selbstbest­immung.

„Unser hochflexib­les, vernetztes Arbeiten ist einerseits ja sehr praktisch und fortschrit­tlich“, sagt Peter Wedde, Professor für Arbeitsrec­ht an der Frankfurt University of Applied Sciences. „Anderersei­ts generiere ich bei jedem Knopfdruck Informatio­nen.“Direkt lesen darf der Arbeitgebe­r die nicht, anonym auswerten schon. „Es ist möglich, diese anonymisie­rten Daten als allgemeine­n Maßstab zu verwenden und dann zum Beispiel zu analysiere­n, welche Teams effizient arbeiten und wer wie gut vernetzt ist“, sagt Peter Wedde. Das mag harmlos klingen. Aber natürlich wäre so ein System in der Lage, zu identifizi­eren, welche Teams entbehrlic­h wären. Wedde geht davon aus, dass die Analyse dieser Daten in Zukunft ein gutes neues Geschäftsm­odell für Unternehme­nsberatung­en ist. Ein Gesetz gegen diese Form der Datensamme­lei gibt es nicht.

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Foto: Christin Klose, dpa Es gibt Daten, die darf ein Unternehme­n erfassen. Den Wohnort zum Beispiel oder das Geburtsdat­um. Doch viele Datensamme­lei, die technisch möglich wäre, ist verboten.

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