Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie geht es auf der Freilichtbühne weiter?
Kultur Eigentlich soll es am Roten Tor nur noch Aufführungen des Theaters geben. Vor Kurzem allerdings trat dort die Band Haindling auf. Eine Ausnahme. Doch langfristig könnte sich die Situation wieder ändern
Auf der Homepage des Theaters lässt sich zur „Rocky Horror Show“der Hinweis finden, auf offenes Feuer doch bitte zu verzichten. Es geht etwas wilder zu als bei anderen Musicals, zur Handlung heißt es vom Theater: „Wehe dem, der sich den frivolen Ausschweifungen des Hausherren jetzt noch widersetzt!“
Das Mitmach-Musical kommt auch in Augsburg an, über 40 000 Karten wurden bereits verkauft. Noch bis zum 29. Juli läuft es auf der Freilichtbühne, danach kann mit Ausnahme der Abba-Nacht am 12. August von frivolen Ausschweifungen keine Rede mehr sein. Ab dann herrscht Ruhe, bis zur nächsten Sommersaison. Ausschweifungen abseits des Theaters sind auf der Bühne ohnehin so gut wie nicht vorgesehen. Die Stadt als Hausherrin hat es so beschlossen. Maximal 32 Vorstellungen pro Jahr sind am Roten Tor erlaubt. Seit 2016 gilt, dass diese gänzlich dem Theater vorbehalten sind und externe Veranstalter, die dort zuvor oft Konzerte organisiert hatten, keine Termine mehr bekommen sollen.
Hintergrund sind Befürchtungen der Stadt, dass Anwohner wegen der Lärmbelästigung klagen könnten. Möglicherweise, so der Gedanke, könnte dies auch dazu führen, dass die Gerichte weniger Termine am Roten Tor erlauben. 2016 sagte Kulturreferent Thomas Weitzel, es habe Gespräche mit Anwohnern gegeben, in deren Verlauf man sich auf jene maximal 32 Vorstellungen inklusive Proben geeinigt habe. Und diese 32 Termine brauche das Theater für sich. Die Freilichtbühne ist ein wichtiger Posten für das Theater und hat 2015 beispielsweise ein Viertel der Eigenerlöse des Hauses in einer Spielzeit eingespielt.
Also keine Konzerte wie früher mehr, als Max Raabe, Hubert von Goisern und Chris de Burgh am Roten Tor auftraten. Eigentlich. Für Abba gibt es eine Ausnahme und vor Kurzem gab es schon eine: Haindling war am Montag auf der Freilichtbühne. Der Veranstalter, Lothar Schlessmann, sei sehr frühzeitig einem Terminwunsch auf die Stadt zugekommen, teilt Weitzel mit. Zwar dürfe so ein Auftritt im Juli zusätzlich zu Spielterminen des Theaters nicht zur Regel werden, aus Rücksicht auf die Anwohner. Man habe den Termin aber einmalig freigegeben, „im Hinblick auf den Tourneeplan und vor dem Hintergrund, dass es sich um das 35. Bühnenjubiläum von Haindling handelt“. Künftig müssten andere Regelungen getroffen werden.
Wenn es nach Konzertveranstalter Schlessmann geht, sollte es nicht bei einer Ausnahme bleiben. Er hofft, künftig weitere Auftritte auf der Freilichtbühne organisieren zu können. Schlessmann, auch stellvertretender Vorsitzender der Clubund Kulturkommission in Augsburg, sagt, er hoffe auf „eine gemeinsame Lösung“. Er hat den Stadträten ein Konzept geschickt, wie es mit der Freilichtbühne weitergehen könnte. Darin regt er etwa an, einzelne Termine an den spielfreien Tagen des Theaters für 2018 zu nutzen, ab 2019 die Freilichtbühnen-Saison um eine Woche nach vorne zu verlegen und die letzte Juli-Woche externen Veranstaltern zur Verfügung zu stellen. Die Freilichtbühne, sagt Lothar Schlessmann, biete optimales Ambiente für Bands, die ein erwachsenes Publikum anziehen. Es gehe aber nicht darum, dem Theater etwas wegzunehmen.
Tatsächlich ist es durchaus möglich, dass es langfristig wieder mehr Auftritte am Roten Tor abseits des Theaters gibt. So ließ Stadtsprecher Richard Goerlich bereits im November durchklingen, dass man ab 2017 die freie Szene bei Abenden am Roten Tor besser einbinden wolle. Mittlerweile hat die Stadt ein Gutmit achten in Auftrag gegeben, das überprüfen soll, ob die Anzahl der Spieltage in der Freilichtbühne aus rechtlicher Sicht unbedenklich erhöht werden kann. Erstellt wird es von einer Münchner Kanzlei, „da wir bewusst eine externe und neutrale Stellungnahme von einem Fachanwalt einholen wollten“, sagt Kulturreferent Weitzel. Demnächst soll das Gutachten vorliegen, danach könnten sich die städtischen Gremien damit befassen. Weitzel sagt, aus seiner Sicht sollten „alle ein Interesse daran haben, diesen wunderbaren Ort zu erhalten“. Dabei gelte es aber auch, künftig „nicht die berechtigten Bedürfnisse der Anwohner zu ignorieren“.
Ob von dieser Seite überhaupt rechtliche Schritte drohten, sollte es mehr als 32 Veranstaltungen am Roten Tor geben, ist eine Frage für sich. Nachdem die Stadt 2016 ihre strikte Regelung mit einer drohenden Klage begründet hatte, schrieben Anwohner vom Verein Ulrichsviertel einen Brief an die Stadt und das Theater. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Augsburger und die Besucher von außerhalb auf Auftritte großer Namen, auf „lieb gewonnene wunderbare Abende in einem einmaligen Ambiente“verzichten sollen, hieß es darin.
Liselotte Mayer-Felsenstein vom Verein Ulrichsviertel sagt, es sei ihnen damals auch darum gegangen, sich gegen das gezeichnete Bild zu wehren, dass die Anwohner gegen die externen Veranstaltungen seien. Zwar habe es tatsächlich mal eine Anwohnerin gegeben, die sich beschert habe, doch die sei lange schon weggezogen. Dass tatsächlich noch jemand vor Ort lebe, der juristische Schritte anstrengen würde, sei ihr nicht bekannt.
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