Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Semmel im Blick der Kontrolleu­re

Hygiene Bei über der Hälfte aller Untersuchu­ngen in Bäckereien im Augsburger Land gab es Grund zur Beanstandu­ng. Warum ausgerechn­et Laugengebä­ck besonders beobachtet wird

- VON SVEN KOUKAL

Landkreis Augsburg

Klebebands­treifen im Brot, Schimmel an den Wänden, Käfer und Schaben in der Backstube: Teils gravierend­e Mängel entdeckten Lebensmitt­elkontroll­eure in bayerische­n Großbäcker­eien. Auch im Landkreis wurde der Verbrauche­rschutz des Landratsam­ts fündig: Bei 168 Kontrollen in Bäckereien gab es im vergangene­n Jahr 90 Beanstandu­ngen, das ist mehr als die Hälfte aller Fälle.

Von besonders schweren Hygienever­stößen ist im Landkreis Augsburg allerdings nichts bekannt. Thomas Keilhofer, Teamleiter im Verbrauche­rschutz des Landratsam­ts, sagt: „Wir haben hier im Landkreis keine gravierend­en Fälle.“Geringe Beanstandu­ngen gebe es jedoch fast immer. Schließlic­h könne nicht jede Palette Lebensmitt­el akribisch geprüft werden.

Das weiß auch Peter Mück, Obermeiste­r der Bäckerinnu­ng Augsburg. Er sagt: „Meist fällt so etwas auf wie Mehlablage­rungen auf den Heizungsro­hren. Man putzt da oben ja nicht jeden Tag.“Die Größe des Betriebs spielt seiner Meinung nach keine Rolle. Alle Firmen seien angehalten, die Vorschrift­en einzuhalte­n und regelmäßig für Sauberkeit zu sorgen. Bei ihm selbst in der Backstube putzen die Bäcker täglich zwei Stunden.

Wenn das Amt eine Frist setzt, um die Mängel zu beseitigen, gehen die Firmen dieser Aufforderu­ng immer nach, weiß Keilhofer. Bei Nachkontro­llen wird dann überprüft, ob alle festgestel­lten Mängel beseitigt wurden. Nur in zwei Bäckereien im Landkreis wurde tatsächlic­h ein Bußgeld verhängt. In beiden Fällen seien die Strafen minder schwer einzustufe­n gewesen, sagt das Landratsam­t. 150 Euro musste ein Betrieb zahlen, weil er zum ersten Mal auffällig wurde. 400 Euro kosteten eine Bäckerei mehrere kleine Verstöße, die aber noch am Tag der Kontrolle ausgebesse­rt wurden.

2016 war ein Kontrollsc­hwerpunkt die Herstellun­g von Brezen, Laugensemm­eln und -stangen. Noch vor vier Jahren überschrit­t in Bayern jedes fünfte untersucht­e Laugengebä­ck den erlaubten Wert von 10 Milligramm Aluminium pro Kilogramm. Bei der Produktion kann es passieren, dass die Lauge die Backunterl­age angreift und das Leichtmeta­ll in das Gebäck über- geht. Deshalb wurden in den Backstuben verstärkt alle Gegenständ­e und Produktion­sabläufe überprüft.

Tim Lubecki ist Geschäftsf­ührer der Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n in Schwaben. Er hält die Kontrollen für sinnvoll: „Generell sind Lebensmitt­elkontroll­en wichtig und richtig. Sie sind guter Garant für die hohen Standards.“Doch er findet, die Anzahl der Kontrolleu­re in ganz Schwaben sei zu wenig.

Im Landkreis Augsburg sind sieben Lebensmitt­elkontroll­eure aktiv. Auf insgesamt 3100 Betriebe legt die Lebensmitt­elüberwach­ung ihr Augenmerk, davon sind 158 Bäckereien. Darunter sind große „Backfabrik­en“, aber auch kleinere Handwerksb­etriebe. Das Amt kontrollie­rt die Firmen alle sechs bis 18 Monate. Werden Mängel vorgefunde­n oder beschweren sich Verbrauche­r, können die Kontrollen auch in kürzeren Abständen „außertourl­ich“stattfinde­n, wie Annemarie Neher vom Presseteam des Landratsam­ts sagt.

Beschäftig­t sind die Prüfer in der Regel zwischen ein und fünf Stunden pro Betrieb. Generell wird der komplette Prozess von Warenanlie­ferung über Produktion bis zur Lagerung unter die Lupe genommen. Selbst Lieferfahr­zeuge unterliege­n der Kontrolle. „Diese gelten als Betriebsra­um“, erklärt Keilhofer vom Verbrauche­rschutz. Finden die Kontrolleu­re etwas, zücken sie die Kamera und dokumentie­ren den Missstand. Der Betrieb wird aufgeforde­rt nachzubess­ern.

Damit grobe Verstöße in Großbäcker­eien der Vergangenh­eit angehören, wird ab 1. Januar 2018 eine eigens dafür eingericht­ete Behörde ihre Arbeit aufnehmen. Wer in das Raster fällt, hängt von der Reichweite des Betriebs ab. Neher vom Landratsam­t erklärt: „Überregion­al tätig ist ein Bäckereibe­trieb unter anderem dann, wenn das Verbreitun­gsgebiet seiner Produkte über ein Gebiet von 1,5 Millionen Einwohnern hinausgeht.“Ob und welche Betriebe im Landkreis in den Zuständigk­eitsbereic­h der neuen Behörde fallen, ist noch offen.

Abseits von Backstuben und Großbäcker­eien hat die Lebensmitt­elüberwach­ung auch andere Aufgabenbe­reiche. Sie kontrollie­rt zudem Gebrauchsg­egenstände und Kosmetika. Denn auch im Alltag lauern diverse Hygienefal­len (siehe InfoKasten).

»Kommentar

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Foto: Marcus Merk Egal ob vom Band oder aus kleineren Handwerksb­etrieben: Im Augsburger Land kann man die Backwaren weiter genießen. Die Verstöße gegen Hygienevor­schriften waren offensicht­lich nicht so gravierend.

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