Augsburger Allgemeine (Land West)
Die süßeste Versuchung der Natur
Unser Essen Imkerin Doro Stuhlmüller zeigt, wie sie Honig macht, und erklärt, worauf es ankommt, damit er richtig schmeckt. Denn da gibt es wichtige Unterschiede
Doro Stuhlmüller ist zur Imkerei gekommen „wie die Jungfrau zum Kinde“, erklärt sie lachend. Ihr Mann Peter wollte seine ohnehin schon lange Liste an Hobbys im April 2011 noch um das Imkern erweitern – und Ehefrau Doro war alles andere als begeistert. Das jedoch änderte sich bereits nach einer Woche Praxis beim „betreuten Imkern“. Flugs hatte das Ehepaar ein eigenes Bienenvolk zu Hause. In den Winter ging es bereits mit fünf Völkern, heute sind es 150.
Doro Stuhlmüller, die jahrelang in einer Bank gearbeitet hat, weiß heute: „Es ist das richtige Tier und die richtige Arbeit für mich.“Und diese Arbeit, die sie seit 2014 als hauptberufliche Erwerbsimkerin betreibt, ist vor allem spannend, denn Bienen kann man „nicht zähmen oder dirigieren, sondern wenn überhaupt nur sanft führen“.
Im Grunde befindet sie sich jetzt bereits am Ende des „Honigjahres“, denn Ende Juli ist die letzte Tracht. Bis dahin bekommen die Bienen noch Nektar aus den Blüten, und man spricht in Imkerkreisen von der „Massentracht“. Danach wird nicht mehr geschleudert. Die sogenannte „Läppertracht“reicht nämlich gerade einmal aus, um das Volk zu versorgen.
Ausschlaggebend für den Honigertrag ist neben dem Wetter vor allem auch der Standort. Plätze, die auf den ersten Blick sehr vielfältig und ertragreich wirken, können für die Bienen auch mal weniger attraktiv sein. So gilt es, den Eintrag immer zu beobachten und zur Not auch mal den Standort zu verlegen. Deswegen befinden sich die Bienenvölker auch an ganz unterschiedlichen Orten. Doro Stuhlmüllers 150 Wirtschaftsvölker residieren an insgesamt 14 Standorten in den Lechauen bei Rehling (Landkreis Aichach-Friedberg), in Gersthofen, in München und natürlich an vielen Orten im Schmuttertal. Um alle Standorte regelmäßig kontrollieren zu können, ist ihr Kalender zwischen April und Juni durchaus streng getaktet. Die Imkerin weiß: Gärten, Obstbäume, Alleebäume, Friedhöfe und ausreichend Wasser sind die wichtigsten Standortfaktoren für ihre Bienen – und auch für die Vielfalt ihres Honigs.
24 Völker stehen aktuell auf einem Hänger am Waldrand. „Dort habe ich bereits im Februar Läuse an den Nadeln entdeckt“, verrät Doro Stuhlmüller. Die Bienen haben nun die Möglichkeit, den von den Läusen geförderten Honigtau einzusammeln und daraus würzigen, intensiven Waldhonig zu produzieren. Allerdings ist der Standort auch riskant: Wenn der Regen die Läuse abwäscht, versiegt die Waldtracht.
Eine andere Spezialität neben dem Waldhonig ist der sogenannte Wabenhonig. Dabei wird keine Mittelwand aus Wachs für die Bienen eingesetzt, sondern sie fertigen auch dieses Stück in ihrer Honigstube selbst an. Das Ergebnis ist der natürlichste Honig von allen – mit Pollen, Wachs und Propolis. Besonders beliebt bei Müttern kleiner Kinder ist übrigens der „Rapshonig“, der besonders cremig ist und nicht vom Brot laufen kann. Er ist der erste Honig, der im Jahr gewonnen wird, ist fast weiß und zart schmelzend in seiner Konsistenz.
Um den Honig aus der Bienenwabe ins Glas zu bekommen, begibt sich Doro Stuhlmüller in den ersten Stock, der mit allerlei Geräten ausgestattet ist, die zumindest teilautomatisierte Abläufe ermöglichen. Mit einem Stapler werden die Honigkisten über den Stadel in den ersten Stock gehievt. 48 Kisten passen auf eine Europalette.
Im ersten Arbeitsschritt wird die Wabe geöffnet. Doro Stuhlmüller nutzt dazu ein heißes Messer. Anschließend erfolgt der Schleudervorgang, der den Honig aus den Waben schleudert. Im Siebverfahren soll der Honig nun von Wachs und Bienenrückständen befreit werden. Da die Siebe aber besonders schnell verstopfen, hat Doro Stuhlmüllers Ehemann Peter, der sich um die Technik kümmert, eine andere Lösung gefunden, bei der der Honig zunächst mithilfe einer Zentrifuge von Wachs und Bienenresten getrennt wird und erst dann ins Klärfass befördert wird. Um zu verhindern, dass der Honig kristallisiert, wird eine Rührmaschine eingesetzt, bevor der Honig abgefüllt und mit dem selbst designten Bienen-Aufkleber der Schmuttertaler-Imkerei versehen wird.
Nach der letzten Tracht – in der Regel Ende Juli – muss der Bienenstock gegen die Varroamilbe behandelt werden. Dieser Parasit ist womöglich der größte Feind des Bienenvolks und des Imkers, denn er verletzt und schwächt nicht nur die Tiere, sondern vermehrt sich auch rasch über die Brut. Behandelt wird das Bienenvolk im August – nach dem letzten Schleudern. Befallskontrollen können vereinzelt Nachbehandlungen in Herbst und Winter nötig machen. Behandelt wird jedoch nur bis zum 31. Dezember. So soll gewährleistet werden, dass keine Antimilben-Mittel im Honig sind. Doro Stuhlmüller setzt bei ihrer Behandlung auf Ameisensäure im Sommer und Oxalsäure zwischen Weihnachten und Silvester.
Ihre Produkte bietet Doro Stuhlmüller einmal wöchentlich in der Marktschwärmerei in Augsburg an und im noch improvisierten Hofladen, der eigentlich der Eingangsbereich ihres Wohnhauses in Achsheim ist. Aus Bienenwachs und Biokokosöl stellt sie Bienenwachstücher her, die eine Alternative zu Alufolie und Frischhaltefolie sein können. Aus den Drohnenrahmen wird Fisch- und Vogelfutter. Auch Babywickel aus Bienenwachs, Wachskerzen und Deko-Accessoires produziert die Achsheimer Imkerin. In einem guten Jahr beschert ihr ein Volk ungefähr 30 Kilogramm Honig und 700 Gramm Wachs.