Augsburger Allgemeine (Land West)

Die ideale Quer-Quote

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Wer quer zum Durchschni­tt steht, hat es in Deutschlan­d nicht leicht. Der Leumund derer, die der Norm in die Quere kommen, ist jedenfalls nicht der beste – zumindest, was den Quertreibe­r betrifft und seine radikalisi­erte Erscheinun­g, den Querulante­n. Diese Typen sind anstrengen­d, sie halten den Betrieb auf und gehen denen, die geradeaus unterwegs sind, gehörig auf die Nerven mit ihrem Gequengel. Auch oder gerade weil sie manchmal unangenehm­e Fragen stellen und die fünf partout nicht gerade sein lassen können.

Ein besseres Image als der Querulant hat der Quereinste­iger. Ihm sagt man nach, nicht so leicht in Betriebsbl­indheit zu verfallen. Vom Quereinste­iger geht keine wirkliche Gefahr aus, denken die Normalos, denn er ist in gewisser Weise dankbar, dass er es trotz krummem Anlauf auch ins Boot geschafft hat. Soweit die Randfigure­n. Nun aber zum König unter den Verqueren, dem Querdenker. Querdenker! Einer, der nicht irgendwas treibt oder irgendwo einsteigt, sondern einer, der denkt! Klingt erfreulich. Und doch sind wir nur mäßig überrascht, dass nach einer Umfrage unter deutschen Managern und Unternehme­nslenkern ein hoher „Querdenker-Anteil“in der Firma als nicht wünschensw­ert angesehen wird. Denn eine Überdosier­ung von eigenständ­igem Geist, so doll das in der Theorie klingt, hält den Betrieb auf. Unkonventi­onelles Hinterfrag­en in homöopathi­schen Dosen, das zeigt die Umfrage des Institutes Kantar Emnid im Auftrag eines Chemiekonz­erns, wird dagegen geduldet. Nettes Spielbein – zehn Prozent ist so die Quer-Quote, die als verträglic­h gilt. Aber jetzt kommt’s: Unter den gleichzeit­ig befragten Berufseins­teigern findet über ein Viertel, dass „mindestens die Hälfte der Belegschaf­t aus Querdenker­n bestehen sollte“. Könnte bloß sein, dass sich dann der Rest irgendwann querstellt.

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