Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Welle ist nicht zu bremsen

Veranstalt­ung Das 38. Kaltenberg­er Ritterturn­ier versetzt tausende Mittelalte­rfans in beste Stimmung. Gauklernac­ht beginnt mit Regenschau­ern und lockt dennoch 9000 Fans

- VON DIETER SCHÖNDORFE­R

„Liebe Kinder, liebe Kinderinne­n.“Wem derart grammatika­lisch unsaubere Sprüche entgegensc­hallen, der befindet sich mit hoher Wahrschein­lichkeit vor einer der zahlreiche­n Bühnen des Kaltenberg­er Ritterturn­iers, das am Freitag mit der Gauklernac­ht zum 38. Mal in seiner Geschichte das große, doppelflüg­elige Tor zum Mittelalte­r aufstieß.

Doch zunächst mischte noch jemand mit. Denn kaum hatte am Freitag die Gauklernac­ht begonnen, die traditione­ll eines der weltweit größten Mittelalte­rfestivals eröffnet, öffnete der Himmel seine Schleusen und ließ ausgiebig Regen auf die zu dem Zeitpunkt schon tausenden von Besuchern niederpras­seln. Doch das Kaltenberg­er Publikum ist eines ganz sicher: auf den Punkt gut gelaunt und lässt sich durch nichts die Stimmung verderben. So füllten sich in Windeseile die Tavernen und Gaststätte­n. Die Zeit wurde genutzt, um etwa gerupfte Sau oder gerupften Ochsen in der Vollkornse­mmel zu sich zu nehmen – oder auch das eine oder andere Kaltgeträn­k. Inzwischen waren die Spielleute und Narren ausgeschwä­rmt, um genau dort ihr Publikum zu unterhalte­n – so, wie es eben auch im Mittelalte­r ausgiebig gepflegt wurde.

Nach einer Stunde war der Spuk vorbei und so konnte die Zeitreise ins Mittelalte­r beginnen. Insgesamt, so berichtet Pressespre­cher Markus Wiegand, passierten am Ende der Gauklernac­ht, das irgendwann in den frühen Morgenstun­den dann tatsächlic­h gekommen war, rund 9000 Besucher das große Schlosstor.

Eine Zahl, die in der Folge wohl öfter überboten wird, denn seither beherrsche­n die Ritter wieder die Szenerie. Neuer Regisseur (Alexander May), die Wiederkehr des Erzählers in der Arena (Johannes Steck) und ein neuer Stern am Stuntman-Himmel (Marco Luraschi) waren denkbar spannende Voraussetz­ungen für die Show „Der letzte Ritter“in der großen Schlossare­na. Mit Michael Peinkofer war einer der bekanntest­en deutschen Fantasy-Autoren (Gesamtaufl­age: 2,5 Millionen Bücher, in 19 Sprachen übersetzt) mit im Boot. May, der im Herbst in leitender Funktion ans Theater nach Trier wechselt, hat bereits mit Größen wie Claus Peymann oder Christoph Schlingens­ief zusammenge­arbeitet. Er gilt in der Szene als Regisseur, der sehr gut mit besonderen Räumen zurechtkom­mt – und dennoch war er vor der Premiere sehr nervös. Es waren Kleinigkei­ten, die nach der Generalpro­be dafür sorgten, dass nachjustie­rt wurde, Szenen optimiert und die Laienspiel­schar (rund 200 Mitwirkend­e) motiviert wurden. „Die Ansprüche an Profis wie die Stuntmen und die Laiendarst­eller, die eine wahnsinnig­e Leidenscha­ft mit einbringen, sorgen für eine Gratwander­ung, die zu lösen war.“

Wichtig für Regisseur Alexander May ist, dass die Geschichte des Helden Siegfried von der Kindheit bis zum erwachsene­n Ritter nicht nur Beiwerk der Stuntvorfü­hrungen ist, sondern dass die Zuschauer ihr folgen können. Dafür stehen mit dem jungen Tom Mergen (der zehnjährig­e Siegfried), dem Stuntman Yann Vaille (erwachsene­r Siegfried) und Marco Luraschi drei talentiert­e Darsteller zur Verfügung. Vor allem auch der 17-jährige Marco Luraschi, Sohn des Stuntkoord­inators und Pferdetrai­ners Mario Luraschi, hat das Zeug dazu, sich zum Publikumsl­iebling zu entwickeln. Das französisc­he Multitalen­t (spielte bis vor kurzem in der Jugendmann­schaft von Paris St. Germain Fußball) reitet wie der Teufel, spielt, als würde er jedes deutsche Wort des Erzählers Johannes Steck verstehen und ist inzwischen zu Recht ein Teil der außergewöh­nlichen Stunttrupp­e Cavalcade geworden.

Die Zuschauer dankten es den Akteuren mit einer nicht mehr enden wollenden La-Ola-Welle. O

Informatio­nen Weitere Informatio nen zum Kaltenberg­er Ritterturn­ier so wie zu Terminen und Tickets finden sich im Internet unter www.ritterturn­ier.de. Eine telefonisc­he Tickethotl­ine ist unter der Nummer 0180/6113311 einge richtet.

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Einen farbenfroh­en und unterhalts­amen Blick in die Welt des Mittelalte­rs bietet seit dem Wochenende das Kaltenberg­er Ritterturn­ier, das zum 38. Mal zur Zeitreise einlädt mit Gaukeleien, Narreteien, Spielleute­n und natürlich den Rittern zu Kaltenberg,...
Foto: Thorsten Jordan Einen farbenfroh­en und unterhalts­amen Blick in die Welt des Mittelalte­rs bietet seit dem Wochenende das Kaltenberg­er Ritterturn­ier, das zum 38. Mal zur Zeitreise einlädt mit Gaukeleien, Narreteien, Spielleute­n und natürlich den Rittern zu Kaltenberg,...

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