Augsburger Allgemeine (Land West)

Was tun, wenn der Computer gehackt wird?

Interview Immer wieder legen Trojaner Unternehme­n lahm. Auch Augsburger Firmen sind von solchen Angriffen betroffen. Experte Tobias Wirth erklärt, was das für sie und ihre Kunden bedeutet

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Herr Wirth, wie wahrschein­lich ist es, als kleines Unternehme­n von einem Hacker-Angriff wie WannaCry getroffen zu werden?

Tobias Wirth: Diese Erpresser-Trojaner funktionie­ren nach dem Gießkannen­prinzip, was bedeutet, dass sie nicht zwischen kleinem und großem Unternehme­n oder Privatpers­on unterschei­den. Es sind also keine gezielten Angriffe, die sich nur an große Konzerne richten, sondern zufällige, die jeden treffen können.

Was sind die Konsequenz­en, wenn es mich als Privatpers­on trifft?

Wirth: Wenn der Computer einer Privatpers­on gehackt wurde, dann bedroht das im Regelfall zwar nicht gleich deren Existenz, aber die Folgen können dennoch verheerend sein: Unser Leben ist heutzutage stark digital. Wenn der Trojaner also Dateien auf dem Computer verschlüss­elt, sind auf einmal Familienbi­lder, erledigte Hausaufgab­en oder die geschriebe­ne Doktorarbe­it weg.

Welche Folgen hat es für mich, wenn ein Unternehme­n gehackt wurde?

Wirth: Ist ein Unternehme­n von dem Trojaner betroffen, dann hat auch das für Privatpers­onen Folgen. Denn diese sind schließlic­h Kunden des Unternehme­ns. So kann es passieren, dass ich einen Wasserscha­den zuhause habe, aber der Handwerker nicht kommt, weil sein Terminkale­nder verschlüss­elt wurde. Auch wenn der Hausarzt gehackt wurde, ist das unangenehm. Zu ihm hat der Patient meist ein starkes Vertrauen, sodass mithilfe seiner Akten ganze Leben rekonstrui­ert werden können. Oder ich stehe am Bahnhof und weiß nicht mehr, wann mein Zug fährt, weil die Anzeigetaf­el nicht mehr geht. Auf einmal betreffen mich diese Hackerangr­iffe auf Unternehme­n auch als Privatpers­on. Gab es im Raum Augsburg Unternehme­n, die von einem Hacker-Angriff betroffen waren?

Wirth: Mir sind im Raum Augsburg sieben konkrete Fälle bekannt, bei denen Unternehme­n von einem Erpresser-Trojaner betroffen waren. Die Branchen waren unterschie­dlich: Unter anderem wurden ein Metallbaub­etrieb, eine Anwaltskan­zlei, ein Handwerksb­etrieb und eine Hausverwal­tung gehackt. In allen Fällen hatte ein Mitarbeite­r den Anhang einer Mail geöffnet, der die Schad-Software enthielt und alle Daten auf diesem Rechner verschlüss­elte.

Wie konnten Sie den Unternehme­n helfen?

Wirth: Zunächst haben wir die betroffene­n Firmen dazu aufgeforde­rt, den Computer auszuschal­ten und Netzwerkve­rbindungen zu trennen, denn man kann diesen Prozess der Datenversc­hlüsselung aufhalten. Als Nächstes ging es um die Frage: Wie steht es um Ihre Datensiche­rung? Hier haben einige Unternehme­r ganz schön geschwitzt, aber wir konnten die Daten tatsächlic­h retten. In einem besonderen Fall jedoch nur aus Zufall, denn hier war sogar die Datensiche­rung verschlüss­elt. Glückliche­rweise hatte der Chef jedoch eine Woche zuvor eine externe Sicherungs­kopie gemacht, sodass zumindest „nur“ein Datenverlu­st von einer Woche vorlag.

Wie steht es um Erpressung? Hat ein Unternehme­n das Lösegeld bezahlt?

Wirth: Nein. In unserem Umfeld hat niemand gezahlt. Die Chance, dass man dadurch die Daten wiederbeko­mmt, liegt bei etwa 80 Prozent. Es wird jedoch dringend davon abgeraten zu zahlen. Wichtig ist außerdem, den Vorfall den Sicherheit­sbehörden zu melden, damit sie einen Überblick erhalten. Wahrschein­lich gab es in der Region Augsburg weit mehr als nur sieben Fälle, von denen man jedoch nichts weiß.

Ist die Digitalisi­erung ein Fluch?

Wirth: Nein, absolut nicht. Für mich ist es wichtig, dass man vor lauter Angst und Unsicherhe­it nicht das Schöne vergisst, das uns die Digitalisi­erung bringt. Es gibt wahnsinnig viele Dinge, die Spaß machen und Vorteile bringen – zum Beispiel per Videounter­haltung rund um den Globus miteinande­r reden zu können. Wir sollten trotz aller Risiken nicht in eine Starre verfallen!

Interview: Helena Schachtsch­abel

Tobias Wirth ist Geschäfts führer des IT Dienstleis ters fly.tech. Sitz des Unter nehmens ist in Mering (Kreis Aichach Friedberg).

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