Augsburger Allgemeine (Land West)
Randalierer greifen Polizisten auf Volksfest an
Kriminalität Einsatzkräfte hatten die Situation in Baden-Württemberg „nicht immer im Griff“. Es kam auch zu sexuellen Übergriffen
Schorndorf
Während eines Volksfestes in der baden-württembergischen Kleinstadt Schorndorf haben Randalierer in der Nacht zum Sonntag Polizisten und Festgäste attackiert. Außerdem wurden mindestens zwei Frauen sexuell belästigt. Die Einsatzkräfte wurden von den Ausschreitungen überrascht. Man habe „die Situation nicht immer im Griff“gehabt, räumte Polizeipräsident Roland Eisele gestern ein. Die Beamten vor Ort mussten auf Verstärkung warten. Er betonte aber auch: „Ein Ausnahmezustand ist für mich etwas anderes.“
Die Szenen im Rems-Murr-Kreis wecken Erinnerungen an die Silvesternacht 2015 in Köln. Damals hatten hunderte Männer, vornehmlich aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum, Frauen begrapscht und ausgeraubt. Auch in Schorndorf waren Asylbewerber beteiligt. Am Freitag und Samstag gab es mehrere sexuelle Übergriffe. Zwei Opfer haben sich gemeldet, eine 17-Jährige aus Remshalden und eine 25-Jährige aus Ingolstadt. Die Polizei ermittelt gegen einen Iraker und drei Afghanen. In beiden Fällen war Alkohol im Spiel. Man habe die Personalien aufgenommen, bestätigte der Polizeipräsident. Haftbefehl sei nicht erlassen worden.
Wie es zu den Krawallen kam, ist nicht endgültig geklärt. Oberbürgermeister Matthias Klopfer sagte, es hätten „viele, viele Abiturienten und Realschüler“gefeiert, ehe es nach Mitternacht „zur Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen“gekommen sei. Erst später seien auch Menschen mit Migrationshintergrund oder Asylbewerber hinzugekommen, sagte der SPDPolitiker. Das sei aber nicht der Großteil gewesen. Das bestätigte der Polizeipräsident: Bei den Ausschreitungen hätten sich zuvor im Clinch liegende Gruppen gegen die Polizei solidarisiert. Es habe dabei keinen überdurchschnittlichen Anteil von Migranten gegeben, sagte Eisele, der sich darüber hinaus nicht an Spekulationen beteiligen wollte. Als die Lage eskalierte, zogen sich die Polizisten zurück. Es flogen aus einer Gruppe von etwa 1000 Leuten Flaschen auf Beamte und andere Festteilnehmer. Erst mit der Unterstützung von aus anderen Orten zur Hilfe gerufenen, verdoppelten Kräften habe man die Lage unter Kontrolle gebracht, so Eisele.
Laut Polizei kam es auch bei einem Open-Air-Festival in Reutlingen und bei einem Fest in Böblingen zu sexuellen Übergriffen. In Böblingen wurde eine Gruppe betrunkener afghanischer Asylbewerber aggressiv. Nach Angaben der Polizei meldeten sich mehrere Frauen, die aus der Gruppe unsittlich berührt und sexuell beleidigt worden waren. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl betonte gestern: „Bei uns gibt es keine rechtsfreien Räume, wir haben null Toleranz bei Gewalt, bei sexuellen Übergriffen, bei Gewalt gegen die Polizei.“
Im Kommentar schreibt Andrea Kümpfbeck über die wachsende Gewalt gegen Polizisten. Ulrike Bäuerlein hat sich in Schorndorf umgesehen. Ihre Eindrücke schildert sie in der Politik.