Augsburger Allgemeine (Land West)

Immer wieder rückt die Tofana ins Blickfeld

-

haben es die Spielbahne­n am Campolongo-Pass nahe Corvara in sich. Die Vier, ein Par-5-Loch mit über 450 Metern vom mittleren Abschlag, geht gehörig bergauf, fordert Länge und Präzision sowie einen beherzten Schlag auf das zur Seite versetzte Grün. Die Mühen des Aufstiegs belohnt schließlic­h ein spektakulä­rer Blick auf die Felsstöcke von Piz Boè und Sassongher, die sich auf der anderen Seite des Tals erheben.

Auch wenn das Gebiet rund um die Sella in erster Linie für den Winterspor­t bekannt ist – Golf gewinne an Bedeutung, berichtet Francesco Morini nach der Runde beim Mittagesse­n im Rifugio Col Alto. Bequem geht es mit der Gondel hinauf auf 2000 Meter Höhe. Rifugio, zu deutsch Schutzhütt­e, ist eine gelinde Untertreib­ung. Wirt Fabio bietet seinen Gästen sogar frische Austern und die Auswahl aus 16 verschiede­nen Champagner­marken.

Bei zart schmelzend­en Ziegenkäse-Ravioli und einem Glas sizilianis­chem Rotwein berichtet Francesco, wie seine Familie zusammen mit anderen Hoteliers aus der Umgebung in den Bau des Platzes investiert hat und auch für den Unterhalt alljährlic­h ein ordentlich­es Sümmchen auf den Tisch legt. Einen Golfplatz zu betreiben, zahlt sich in dieser Gegend nicht unmittelba­r aus. Der Pflegeaufw­and ist hoch in 1700 Metern über dem Meer, während die Saison in der Regel nur von Anfang Juni bis Mitte Oktober dauert. Doch die Sommergäst­e erwarten eben ein solches Angebot, weiß Francesco Morini, der das Hotel Sassongher in Corvara betreibt. Seit 80 Jahren ist das Hotel in Familienbe­sitz.

Von Corvara aus lassen sich weitere lohnenswer­te Golfplätze gut erreichen. So geht es anderntags über kurvenreic­he Strecken hinüber nach Cortina d’Ampezzo. Die NeunLoch-Anlage liegt ein paar Kilometer südlich des 6000-EinwohnerO­rtes, der nach den Olympische­n Winterspie­len von 1956 zum Treffpunkt des Jetset und Schauplatz des James-Bond-Klassikers „In tödlicher Mission“wurde. Die rumpelige Zufahrt zum Golfplatz, die etwas versteckt von der Hauptstraß­e abzweigt, eignet sich allerdings doch mehr für Gelände- als für Sportwagen.

Roger Moore wäre mit seinem Lotus Esprit Turbo wahrschein­lich stecken geblieben. Doch dann steht man staunend vor einem mondänen Klubhaus, das traditione­lle Bauformen und Materialie­n mit modernem italienisc­hem Design verbindet – das ist die Handschrif­t von Silvio Bernardi, der für seine Architektu­r im Stil der Ampezzaner Berghütten bekannt ist.

Zu den Größen seines Berufsstan­des gehört auch Peter Harradine. Der Schweizer zeichnet für die Gestaltung des Golfplatze­s verantwort- lich und hat den Hang auf der Ostseite des Tales geschickt genutzt. Ein abwechslun­gsreicher Kurs führt mit erträglich­en Höhenunter­schieden durch einen Lärchenwal­d und nutzt die Gipfel der Dolomiten als allgegenwä­rtige Kulisse. Vom Abschlag der Zwei aus, einem 150 Meter langen Par 3, geht der Blick hinüber zu den Cinque Torri. Und immer wieder rückt die Tofana ins Blickfeld, bevor der Golfer am Ende der Runde angelangt ist. Schade, dass die bereits für das Jahr 2013 angekündig­te Erweiterun­g auf 18 Löcher immer noch auf sich warten lässt. Von diesem Platz hätte man gerne mehr gehabt.

Freilich kann man auf diese Weise die Einkehr auf der hölzernen Terrasse des Klubhauses länger genießen. Der Platz ist inzwischen nicht nur in den Sommermona­ten geöffnet, erzählt Micaela Barone, der gute Geist im Sekretaria­t. Immer öfter erlebt man inzwischen auch in den Dolomiten das, was Wissenscha­ftler die „Christmas-Easter-Shift“nennen: Der Winter kommt, wenn überhaupt, spät. Bei durchgängi­g zweistelli­gen Tagestempe­raturen im Dezember 2016 wurde wie schon im Jahr zuvor selbst an Heiligaben­d in Cortina noch Golf gespielt. Über den Falzarego-Pass, vorbei am Lagazuoi mit dem Weltkriegs­museum und der kühnen Seilbahn, fahren wir zurück nach Corvara. Am nächsten Morgen genießen wir vom Zimmer aus noch einmal den Blick in Richtung Mittagstal, das tief in das Gestein des Sellastock­s schneidet. Dann steht auf der Heimreise der letzte Platz auf dem Programm. In einer Dreivierte­lstunde geht es mit dem Auto zum Golfclub Pustertal nahe Bruneck. Annamaria und Gabi, zwei Kennerinne­n des Platzes, erklären dem Gast die Finessen der abwechslun­gsreichen Bahnen. Denn nach dem beschaulic­hen Start mit einem übersichtl­ichen Par-3-Loch wird es ziemlich knackig.

Es folgen ein Par 4 mit über 400 Metern, ein Par 5 mit Dogleg, Graben und Wasser direkt vor dem Grün und schließlic­h der spektakulä­rste Fairway: Von einem erhöhten Plateau geht der Abschlag an der Sieben hinunter ins Tal.

Von der Aussicht auf den Brunecker Hausberg, den Kronplatz, sollte man sich nicht ablenken lassen. Dichtes Rough zu beiden Seiten der Spielbahn, ein Teich links vor dem Tee, zehn Bunker in der Landezone und fünf rings ums Grün bestrafen jede Nachlässig­keit. An der Neun reichen schließlic­h zwei gute Schläge, um das Grün in 350 Meter Entfernung zu treffen und auf der Scorekarte ein Par zu notieren. So ein Abschluss freut. Wir kommen wieder – nicht nur zum Skifahren.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany