Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie Rasenmähen – nur im Wasser

Natur Klaus-Stephan Schunke saniert mit seinem Bagger in ganz Europa Gewässer. Neben dem Bergheimer Baggersee auch die Kahnfahrt von Schlingpfl­anzen befreit

- VON ALEXANDER RUPFLIN

Drei Tonnen, 85 PS, Dieselmoto­r auf Rapsölbasi­s. So weit sehr durchschni­ttliche Werte für eine Industriem­aschine. Kein Trumpf in einem Quartettka­rtenspiel. Was Klaus-Stephan Schunkes Maschine über die nackten Zahlen hinaus so fasziniere­nd macht, ist ihre Einzigarti­gkeit. Man muss sich das Gefährt vorstellen wie einen Bagger, mit einem langen Arm, an den man Rechen, Schaufel oder Mähbalken montieren kann – nur fährt dieser Bagger nicht auf dem Feld, sondern schwimmt auf Seen und Teichen umher.

Vergangene Woche war Schunke mit seiner Maschine am Bergheimer Baggersee im Einsatz (wir berichtete­n), jetzt konnten Passanten ihn mit seinem Bagger-Boot auch über die Kahnfahrt schippern sehen. Dort war er unterwegs, um die Anlage von Schlingpfl­anzen und anderem Grünzeug zu befreien. Alles, was höher als zwei Meter zwanzig unter der Wasserober­fläche wuchs, wurde abgemäht. „Biomassene­ntzug“nennt Schunke das – und es sei wichtig, damit es nicht zum Fischsterb­en kommt. Denn wenn die im Gewässer wuchernden Algen und Schlingpfl­anzen absterben, wird dem Wasser der Sauerstoff entzogen. Die Folge: Fische und Krebse ersticken. Damit es so weit nicht kommt, werden Schunke und seine Maschine europaweit engagiert und er kennt in Deutschlan­d gefühlt jedes Gewässer. Dann transporti­ert er das Spezialboo­t mit dem Lkw von seinem Wohnort in Nordrhein- Westfalen an den jeweiligen See, lässt sie ins Wasser und zieht seine Bahnen über die Oberfläche, wie ein Landwirt übers Feld.

Zwanzig Stunden Arbeitszei­t hat er für die Kahnfahrt gebraucht. Das liege aber auch daran, dass er besonders penibel sei. „Gab schon Leute, die haben mir irgendwann den Zündschlüs­sel rausgezoge­n, weil ich nicht aufhören wollte“, sagt er über den brummenden Dieselmoto­r hinweg und mit Zigarette im Mundwinkel.

Braungebra­nnt ist Schunke. Das komme daher, dass er diesen Job schon seit 1984 mache und täglich die vom Wasser reflektier­te Sonne abbekomme. Und nicht nur die Optik, sondern auch die markigen Sprüche eines Seemanns hat Schunke drauf.

Mit seiner Maschine ist Schunke das ganze Jahr unterwegs, auch im Winter. „Klar ist das kalt. Und die Heizung, die ich mir eingebaut haben, ist auch nicht wirklich gut. Ich öffne dann die Klappe vom Motorraum, da kommt dann bisschen Wärme.“

Schlechtes Wetter heißt für Schunke, wenn der See zugefroren ist. Bei allen anderen Wetterlage­n wird gearbeitet. Und so packt der Fachmann für Gewässersc­hutz am Nachmittag wieder seine Maschine auf den Lkw. In der Nacht will er weiterfahr­en, zum nächsten See, der einer Gewässersa­nierung bedarf. Am Ufer der Kahnfahrt stehend schaut Schunke zum Abschied noch einmal über die Wasserober­fläche und nickt zufrieden. „Beinahe besenrein, oder?“

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