Augsburger Allgemeine (Land West)

Dalí muss zum Vaterschaf­tstest

Justiz Wie eine Wahrsageri­n eine ziemlich verrückte Geschichte anzettelte

- VON ANDREAS FREI

Augsburg/Madrid

Sie sagt, es gehe ihr um die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Und wer kann der Wahrheit näher sein als sie, eine Wahrsageri­n? Vielleicht konnte Pilar Abel also gar nicht anders, als diese, sagen wir: surreale Geschichte anzuzettel­n. Die 61-Jährige aus dem spanischen Girona ist unter dem Künstlerna­men Jasmine in der lokalen Zukunftsbr­anche tätig. Irgendwann erweitert sie ihr Portfolio. Ein sehr persönlich­er Blick in die Vergangenh­eit führt zu der überrasche­nden Aussage: Ich bin die uneheliche Tochter von Salvador Dalí.

Nun muss man wissen, dass der exzentrisc­he Meister surrealist­i- scher Kunst – offiziell kinderlos – schon seit 28 Jahren tot ist. Der Mann mit dem verrückten Schnurrbar­t und dem Abermillio­nen Euro schweren Erbe fällt also als Zeuge aus. Ihre eigene Mutter, demzufolge die angebliche Dalí-Geliebte, sei an Demenz erkrankt, berichtet Jasmine, und könne sich kaum noch erinnern. Was tun, um der Wahrheit auch objektiv näher zu kommen? Jasmine alias Pilar Abel meint es ernst. Sie tingelt durch Fernsehsho­ws, lässt sich das gut bezahlen und fordert ihren gesetzlich­en Erbteil, indem sie den spanischen Staat sowie eine Stiftung verklagt. Denen hat Dalí nämlich sein komplettes Vermögen vermacht. Nach langem Hin und Her hat ein Richter ein Einsehen. Er ordnet einen Vaterschaf­tstest an. So kommt es, dass Gerichtsme­diziner gestern Abend sein Grab öffnen, das sich in einem Museum in Dalís Geburtssta­dt Figueres befindet. Die den sterbliche­n Überresten entnommene DNA-Probe soll im Anschluss mit dem genetische­n Code von Jasmine verglichen werden. Mit der Wahrheit – und nichts als der Wahrheit – wird in einigen wenigen Wochen gerechnet.

 ?? Fotos: dpa, Getty Images ??
Fotos: dpa, Getty Images

Newspapers in German

Newspapers from Germany