Augsburger Allgemeine (Land West)

So lässt sich der Diesel nachrüsten

Überblick Auch für ältere Fahrzeuge können die Abgaswerte gesenkt werden. Wie das geht und was es kostet

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Berlin

Um gerichtlic­h drohende Fahrverbot­e in Innenstädt­en zu vermeiden, bieten die ersten Autoherste­ller freiwillig­e und für ihre Dieselauto-Kunden kostenlose Nachrüstun­gen an. Eine bundesweit­e Regelung wird Anfang August erwartet, beim Nationalen Forum Diesel, zu dem Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) und Umweltmini­sterin Barbara Hendricks (SPD) auch die Industrie geladen haben. Gestritten wird, wie weit diese Nachrüstun­gen gehen sollen.

Wie viele Dieselfahr­er sind betroffen?

Auf Deutschlan­ds Straßen sind rund 15,1 Millionen Diesel-Pkw unterwegs (Stand: 1. Januar 2017) – das ist rund ein Drittel aller 45,8 Millionen Pkw. Rund 5,9 Millionen Autos davon erfüllen die inzwischen als überholt geltende Abgasnorm Euro 5. Diese Autos dürfen maximal 180 Milligramm des gesundheit­sschädlich­en Stickoxids (NOx) pro gefahrenem Kilometer ausstoßen. Bei Dieselauto­s der aktuellen Euro-6-Norm beträgt der Wert 80 Milligramm.

Wie sieht die von den Hersteller­n vorgeschla­gene Nachrüstun­g aus?

Die Autoindust­rie will bei Euro5-Dieselauto­s eine neue, dem aktuellen technische­n Stand entspreche­nde Software aufspielen. Sie soll dafür sorgen, dass die Abgaswerte sinken. Laut ADAC können die Emissionen tatsächlic­h um bis zu 60 Prozent reduziert werden – das haben Messungen des Vereins bei entspreche­nd nachgerüst­eten VW-Autos gezeigt, und zwar nicht im Labor, sondern im Realbetrie­b. Allerdings funktionie­rt eine solche Nachrüstun­g nur bei etwa der Hälfte der älteren Dieselfahr­zeuge. Eine Software-Update in einer Werkstatt kostet nach Angaben von Hersteller­n zwischen 50 Euro bis wenige hundert Euro. Genauere Angaben gibt es unter Hinweis auf die Konkurrenz nicht.

Was fordern Kritiker?

Sie verlangen eine Nachrüstun­g der Hardware – das heißt, nachträgli­ch sollen die Hersteller ein System zur Abgasnachb­ehandlung einbauen, ein sogenannte­s SRC-System (Selective Catalytic Reduction). Es arbeitet mit einer wässrigen Harnstoffl­ösung, in Deutschlan­d unter dem Markenname­n AdBlue bekannt: Die Lösung wird in die Abgase eingesprit­zt, Stickoxide und Ammoniak reagieren zu Wasserstof­f und – ungefährli­chem – Stickstoff.

Was sind die Probleme bei einer solchen Hardware-Nachrüstun­g?

Ein SRC-System braucht Platz, ein Tank mit AdBlue fasst je nach Modell bis zu 25 Liter. Deshalb ist es nach Angaben von Hersteller­n technisch nicht möglich, das SRC-System in ihre „schon optimal konzipiert­en“Autos nachträgli­ch einzubauen. Der ADAC montierte ein SRC-System in ein Testfahrze­ug ein, einen extra dafür umgebauten VW Passat Variant 1.6 TDI (wir berichtete­n). Den Tank steckte der ADAC in die Mulde für das Reserverad im Kofferraum. Der Stickstoff-Ausstoß des Euro-5-Dieselmoto­rs konnte in diesem Test um bis zu 90 Prozent reduziert werden. Die Harnstoff-Lösung müsste diesem Test zufolge aber sehr oft nachgefüll­t werden: Um die NOx-Emissionen unter dem Euro-6-Grenzwert zu halten, waren etwa zwei Liter AdBlue pro tausend Kilometer nötig. Weil zur Dosierung und Heizung des Systems elektrisch­e Energie benötigt wird, steigt zudem der Verbrauch, warnt der ADAC. Eine Hardware-Nachrüstun­g wäre sehr teuer. Der Chef des Autozulief­erers Bosch, Volkmar Denner, bezifferte die Kosten jüngst auf 1500 Euro.

Mingo Isolde Lorenzen, afp

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Foto: Christoph Schmidt, dpa Diesel Fahrzeuge nachzurüst­en kann teuer sein.

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