Augsburger Allgemeine (Land West)
Sie bringt Licht ins Dunkel
Gesundheit Claudia Gräfen-Schilcher leidet seit Jahren an Depressionen. Die 46-Jährige weiß, was es heißt, wenn nichts mehr geht und wie es die Familie belastet. Wie sie anderen Betroffenen hilft
Landsberg
Als hätte sie einen Anzug aus schwerem Blei am Leib. Einen Anzug, der jede Bewegung unmöglich macht. Und einen Helm auf dem Kopf. Ein Helm, der den Blick nur in eine Richtung zulässt. So beschreibt Claudia Gräfen-Schilcher ihr Gefühl in einer schweren Depression. Die 46-Jährige kennt diese belastenden Zustände nur zu gut. Seit vielen Jahren leidet sie unter der Krankheit. Sie weiß, wie es sich gerade als Mutter anfühlt, wenn die Kinder fragen: Mutti, magst du mich nicht mehr? Sie weiß um das schlechte Gewissen, das Eltern dann umtreibt. Um die Angst. Um die Hoffnungslosigkeit, aus der Endlosschleife der Gedanken nicht mehr herauszufinden. Um die Sorge, was andere von einem denken könnten. Doch heute weiß Gräfen-Schilcher vor allem auch, dass es Hilfe gibt, dass es selbst aus den aussichtslos erscheinenden Momenten Auswege gibt. Diese Erkenntnis will sie an andere Betroffene weitergeben. Daher will sie andere Betroffene unterstützen. Als Genesungsbegleiterin.
Zurzeit arbeitet sie in der Herzogsägmühle, einer Einrichtung der Diakonie, die unter anderem Menschen mit seelischen Erkrankungen hilft. Claudia Gräfen-Schilcher sieht sich selbst als „Brückenglied“. Als „Dolmetscherin“zwischen Patienten und Ärzten sowie Therapeuten. „Denn die Fachkräfte wissen viel über die Krankheit, aber nachfühlen können sie es meistens nicht.“Die gelernte Krankenschwester, die mit ihrer Familie in Peiting wohnt, hat seit etwa 25 Jahren mit Depressionen und Angststörungen zu kämpfen. Sie bringt viel Therapieerfahrung mit. Vor allem aber weiß sie, was in den Betroffenen wirklich vorgeht. Sie ist überzeugt davon, dass sie die Patienten besser abholen, besser aus dem Dunkel ein Stück weit herausführen kann, damit sie überhaupt Therapiemöglichkeiten sehen und annehmen.
Von Heilung spricht Claudia Gräfen-Schilcher längst nicht mehr. „Die Krankheit ist ein Teil von mir“, erklärt sie. Diese Sichtweise sei wichtig. Denn sie mindere die Angst vor neuen Schüben, die viele Patienten umtreibt. Psychische Erkrankungen sind ihrer Einschätzung nach leider oft sehr stigmatisierend in unserer Gesellschaft. Dies erhöhe den Leidensdruck der Betroffenen. Dabei gebe es doch viele chronische Erkrankungen. „Wenn jemand Rheuma hat, wird das doch auch akzeptiert“, sagt Gräfen-Schilcher. Es gebe eben besonders sensible Menschen, die Eindrücke von außen anders verarbeiten als andere. Das anzunehmen – sowohl bei sich als auch bei anderen –, das sei der erste Schritt. Dann gelte es, nicht so sehr die Krankheitsgeschichte in den Mittelpunkt der Betrachtung zu rücken, sondern die Genesungsgeschichte. So habe sie selbst gelernt, dass sie viele wertvolle Ressourcen hat, die sie in schweren Phasen stützen. „Diese Ressourcen trägt jeder in sich“, ist sie überzeugt. Jeder sollte diese aber auch kennen.
Die Mutter von zwei Kindern im Alter von 13 und 17 Jahren stellt erfreut fest, dass sich viel in der Behandlung psychischer Erkrankungen tut. Dazu gehöre, dass stärker auf „EX-IN“Wert gelegt wird. Die Abkürzung steht für „ExperiencedInvolvement“und bedeutet, dass Psychiatrie-Erfahrene wie Claudia Gräfen-Schilcher in psychiatrischen Diensten arbeiten und anderen Betroffenen helfen. Raimund Mittler hat den Kurs für Genesungsbegleiter beim Bezirk Schwaben aufgebaut. „Diese EX-IN-Begleiter vermitteln par excellence Hoffnung für Menschen, die sich aktuell in einer Krise befinden“, sagt er. „Begegnung auf Augenhöhe“kennzeichne das Verhältnis zwischen Genesungsbegleiter und Klient. Genesungsbegleiter müssen aber einige Voraussetzungen mitbringen. Geachtet werde nicht in erster Linie auf Bildungsabschlüsse und Noten, „sondern auf eine wiedererlangte psychische Stabilität“. Denn in dem einjährigen Kurs werden die eigenen Krankheitserfahrungen reflektiert und gelernt, wie sie andere stützen können. Schließlich ist das Ziel, vom „Ich-Wissen“zu einem „Wir-Wissen“zu gelangen.
Doch zieht einen die Arbeit als Betroffener nicht immer wieder runter? „Nein“, sagt Claudia Gräfen-Schilcher. Sie, die eine Erwerbsminderungsrente bezieht, freut sich, auf diese Weise arbeiten und helfen zu können. Sie sagt: „Ich bringe gern Licht ins Dunkel.“
Augsburg
Der 18-jährige Jonas G. ist von Geburt an querschnittsgelähmt. Er lebt mit seiner Mutter und seiner neunjährigen Schwester in einem kleinen Ort in Schwaben. Mithilfe von Gehprothesen kann sich Jonas G. heute einigermaßen fortbewegen. Der ehrgeizige junge Mann treibt zudem viel Sport und so wird es mit dem Laufen immer besser. Zurzeit ist er auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle. Aber trotz zahlreicher Bewerbungen in der näheren Umgebung hat er noch nichts gefunden. Sein größter Wunsch wäre es, wenn er sich mit einem Auto fortbewegen könnte. Nun hat er den Führerschein gemacht und seine Mutter hat ein kleines Auto anschaffen können. Damit Herr G. selbst mit dem Fahrzeug zu einer Ausbildungsstelle fahren kann, müsste das Auto auf Handbedienung umgestellt werden. Doch die Familie kann sich diesen Umbau an Pedalen und Lenkrad nicht leisten. Die Kartei der Not hat hier geholfen und den Umbau des Fahrzeuges auf Handbedienung zusammen mit einer anderen Stiftung unterstützt. Möchten auch Sie Menschen unterstützen? Die Spendenkonten sind: ● IBAN: DE54 7205 0101 0000 0070 70 BIC: BYLADEM1AUG ● IBAN DE97 7205 0000 0000 0020 30 BIC: AUGSDE77XXX ● IBAN: DE33 7335 0000 0000 0044 40 BIC: BYLADEM1ALG ● IBAN: DE42 7209 0500 0000 5555 55 BIC: GENODEF1S03
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