Augsburger Allgemeine (Land West)
Die harte Tour
Qual Über 3000 Kilometer in drei Wochen: Die Frankreich-Rundfahrt setzt den Fahrern zu. Ein Bild zeigt das besonders
Augsburg
Dass Radfahren anstrengend sein kann, weiß jeder, der das Zweirad schon zu mehr benutzt hat als zum Semmeln holen um die Ecke. Doch selbst Hobby-Radsportler dürften sich nur schwer vorstellen können, was ihre professionellen Kollegen derzeit in Frankreich leisten. Die Tour de France ist eine Tour der Leiden. Was die Bilder der TV-Übertragungen erahnen lassen, hat der polnische Tour-Teilnehmer Pawel Poljanski jetzt eindrucksvoll auf der Online-Plattform Instagram dokumentiert. Der 27-Jährige hat ein Bild seiner Beine hochgeladen, in denen 16 Etappen und knapp 3000 Kilometer stecken. Poljanskis Beine sind durchzogen mit dicken Venen, die Füße sind blau angelaufen. Sein Kommentar: „Ich glaube, meine Beine schauen ein bisschen müde aus.“
Das Foto verstört und fasziniert zugleich – weshalb es auch öffentlich große Wellen schlägt. Poljanskis Teamarzt Jan-Niklas Droste erklärt gegenüber Bild: „Das Foto wurde direkt nach der Etappe aufgenommen. Er hat also bis kurz zuvor bei großer Hitze vier Stunden nur in die Pedale getreten. Plötzlich steht er aber still. Das Blut läuft nach unten und dadurch füllen sich die Venen.“Außerdem habe der Pole nur wenig Körperfett, eine dünne Haut und dadurch besonders sichtbare Venen. Alles halb so schlimm also?
Der Augsburger Sportmediziner Peter Konopka war zwölf Jahre Arzt der deutschen Rad-Nationalmannschaft. „So einen extremen Fall habe ich noch nie gesehen“, sagt er. Er vermutet, dass Poljanski in zu hohen Gängen die Berge hochgefahren ist, zu sehr gepresst hat. „Dann staut sich das Blut in den Beinen.“Dies sei zwar nicht ganz normal, aber auch nicht gefährlich. Anders sieht es Ingo Froböse, Professor an der Deutschen Sporthochschule in Köln. „Die Beine des Fahrers sind komplett dehydriert, es fehlt Wasser“, sagt er der Welt. Außerdem habe Poljanski sein Unterhautfettgewebe verbrannt. Offenbar habe er in den vergangenen Wochen mehr Energie verbraucht als er durch Nahrung zugeführt hat.
Für die Tour wird der Körper eines Radsportlers zur Hochleistungsmaschine. Die verbraucht pro Tag bis zu 15000 Kalorien und bis zu zehn Liter Flüssigkeit. Am Ende der dreieinhalbtausend Kilometer haben die Fahrer bis zu zehn Kilo verloren.
Auch sonst zeigt die Tour: Radsport ist nichts für Zartbesaitete. Der Australier Richie Porte stürzte auf einer Abfahrt bei Tempo 80 und krachte gegen eine Felsböschung. Die Diagnose Becken- und Schlüsselbeinbruch war in diesem Fall ein glückliches Ende. Einige Auszüge aus den Krankenakten anderer Tourfahrer: Kniescheibenbruch, Lendenwirbelbruch, Schulterblattbruch.
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