Augsburger Allgemeine (Land West)
Wenn Kabelkunden schwarz sehen
Aufregung Am Kobel in Neusäß haben zahlreiche Anwohner mit Problemen bei Fernsehen und Radio zu kämpfen. Das Empfangssignal setzt immer wieder aus. Zu welchen Alternativen die Betroffenen greifen
Neusäß Westheim
In Ruhe abends vor dem Fernseher die Nachrichten schauen oder sich tagsüber mit dem Radioprogramm durch den Tag begleiten lassen – für Josef Bayerl ist das seit Anfang Juni nicht mehr möglich. Das Bild stockt, der Ton fällt aus, erst Sekunden später ist wieder etwas zu sehen und zu hören. „Abends geht meist gar nichts mehr, dann kommt nur die Meldung: Kein Signal“, ärgert sich Bayerl.
Mit dem Problem ist der Senior am Kobel in Neusäß nicht allein: Bei 27 Nachbarn in der Haydn-, Mozart-, Schubert-, Bruckner- und Franz-Liszt-Straße hat er sich erkundigt und alle bestätigen die Störungen.
Die betroffenen Neusässer sind Kunden von Vodafone. Josef Bayerl hakte bereits mehrfach nach, rief bei der Service-Hotline an, schrieb E-Mails. Eine konkrete Antwort, warum das Signal oft aussetzt, hat er bisher nicht erhalten. Nach einer erneuten Beschwerde schickte der Anbieter den Kundendienst zu Bayerl, um die Einfallsstärke des Signals zu messen, erklärt er. Im Keller des Hauses habe der Techniker eine Dose gewechselt und das Signal am Fernseher im Parterre gemessen – ohne Beanstandung. Was nach der Lösung klang, entpuppte sich nach einem halben Tag ohne Probleme als Schuss in den Ofen.
Einen totalen Ausfall habe es den Anwohnern zufolge aber noch nicht gegeben. Das bestätigt auch Vodafone-Sprecher Volker Petendorf. Auf Anfrage sagt er, dass in den vergangenen vier Wochen lediglich zwei Kundenmeldungen über Probleme aus Neusäß bei Vodafone eingingen. „Das war sehr wenig“, sagt Petendorf. In den beiden gemeldeten Fällen habe die Ursache der Störung außerhalb des Kabelnetzes von Vodafone gelegen.
Bayerl und seine Nachbarn fühlen sich von ihrem Anbieter im Stich gelassen. „Wir sind regelrecht abgeschnitten von den Medien“, sagt der 79-Jährige. Gerade für alte Menschen, die sich nicht mit dem Internet auskennen, ist das ein harter Einschnitt. Die Störungen tauchen nicht zum ersten Mal in Neusäß auf, sagt Bayerls Nachbar Herbert Caterbow. Angefangen habe die Misere bereits vor fast einem Jahr. Im vergangenen halben Jahr habe es keine Probleme gegeben, ehe sich seit Anfang Juni jene Ausfälle mehren.
Rechtsexpertin Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern rät den Betroffenen gesammelt auf den Anbieter zuzugehen, statt jeweils extra einen Technikertermin auszumachen. Den Griff zur Hotline empfiehlt sie nur bedingt: „Über das Telefon ist es immer schwer zu beweisen, wann mit wem über was ge- sprochen wurde.“Sie rät, Einwände schriftlich an den Anbieter zu übermitteln. „Man erhält nicht sofort Bescheid, kann aber den Schriftverkehr belegen“, sagt Halm. Wichtig sei es, dem Anbieter eine Frist von ein bis zwei Wochen einzuräumen, in der dieser die Möglichkeit hat nachzubessern.
Bei technischen Angelegenheiten sei es laut der Expertin meist schwierig, die Ursache zu ermitteln. Deswegen legt Tatjana Halm den Betroffenen nahe, die Probleme „außerordentlich gut zu dokumentieren“. Das bedeutet: Notieren, wann die Störung für wie lang auftritt, möglichst einen Zeugen zu haben und gegebenenfalls Bilder zu machen. Bleibe die vertragliche Leistung trotz Reklamation aus und ist die ein- bis zweiwöchige Frist verstrichen, könne frühzeitig gekündigt werden. „Es macht Sinn, diese Entscheidung dem Anbieter mitzuteilen oder ihn mit einer möglichen Kündigung final unter Druck zu setzen“, sagt Halm.
Auch Albert Thalhofer wohnt am Kobel und ist von den Problemen betroffen. „Es wird ein Betrag vom Konto abgebucht, aber geliefert wird derzeit wenig“, sagt Thalhofer. Anfangs sei er irritiert gewesen. Dachte, der Fernseher sei defekt. Mittlerweile überlegen sich die Anwohner, auf Satellitenschüsseln umzusteigen, um den Problemen aus dem Weg zu gehen.
Herbert Caterbow ist derweil dazu übergegangen, Fernseher und Radio nicht mehr anzuschalten. „Ich gehe deswegen auch mal früher ins Bett, wenn ich politische Talkshows am Abend nicht richtig verfolgen kann.“Bayerl hat sich ein Internetradio angeschafft: „20000 Sender und keine Probleme.“