Augsburger Allgemeine (Land West)
Bye Bye Bosporus!
Urlaub Die Zahl der Türkei-Urlauber ist heuer stark eingebrochen. Wer jetzt nach den ausgesprochenen Reisehinweisen des Auswärtigen Amts stornieren will, muss einiges beachten
Kaum ist die Maschine in Istanbul gelandet, klicken schon die Handschellen. Was für Türkeireisende nach einem absoluten Horrorszenario klingt, kann laut den neuesten Reisehinweisen des Auswärtigen Amts schnell Realität werden. Seit gestern warnt die Behörde vor nicht nachvollziehbaren Verhaftungen und Konflikten mit Behörden. Während die Hinweise bisher für bestimmte Personengruppen galten, seien jetzt alle Deutschen betroffen.
Fliegen deshalb heuer weniger Menschen für einen Urlaub in die Türkei? Im Landkreis Augsburg gibt es auf diese Frage keine klare Antwort – die Tendenz der Reisebüros in Gersthofen, Stadtbergen und Königsbrunn geht in unterschiedliche Richtungen.
Bernd Reiser, Berater im Gersthofer Reisebüro Reisewelt24, sagt: „Wer vor drei oder vier Monaten Türkei gebucht hat, bekam sensationelle Preise. Jetzt gibt es die Schnäppchen nicht mehr.“Die Anfragen für einen Urlaub dort seien trotz der neuesten Entwicklungen nach wie vor groß. Reiser erklärt das mit der Einstellung mancher Reisender: „Viele lehnen die Türkei kategorisch ab, aber andere denken an die Leute vor Ort und buchen trotzdem.“Der Reiseberater weist darauf hin, dass anders als bei einer Reisewarnung, wie sie etwa im Moment für Syrien, Irak oder Afgha- nistan gilt, der Veranstalter bei Reisewarnungen nicht zu kostenlosen Stornierungen verpflichtet ist. Auch wer vor Ort den Urlaub spontan abbrechen möchte, sei auf die Kulanz der Reiseveranstalter angewiesen.
Die Kunden in Gersthofen hätten jedoch bisher meist keine Bedenken und seien der Meinung, dass die mögliche Gefahr weit weg von den Urlaubsorten lauere. „Diejenigen, die gebucht haben, werden wegen der Reisehinweise nicht erschrecken“, schätzt Reiser.
Die Bedenken der Bundesregierung sind jedoch durchaus ernst zu nehmen. Denn seit Anfang des Jahres werden wiederholt deutsche Staatsangehörige an türkischen Flughäfen ohne Angabe genauer Gründe die Einreise verwehrt, schreibt das Auswärtige Amt auf seiner Internetseite.
Anders als der Gersthofer Kollege sagt Eva-Maria Schneider, Inhaberin des Reisebüros Stiller in Stadtbergen: Die Lust, in der Türkei Urlaub zu machen, sei im Landkreis gegenüber dem Vorjahr deutlich gesunken. „Dieses Jahr ist es extrem, im Vorjahr gab es nach dem Putsch auch schon Tendenzen zu weniger Buchungen“, sagt Schneider. Sie erklärt, dass allein von einem Reiseveranstalter 70 Prozent der üblichen Buchungen weggebrochen seien. Die politische Situation in der Türkei spiele für viele Urlauber eine Rolle: „Viele Reisende haben Bedenken und hegen keine Sympathie für Erdogan. Selbst die Dauerreiser, die jedes Jahr hinfliegen, machen dieses Jahr eine Pause.“
Auch Renate Ammer vom Reisebüro Domberger Reisen in Königsbrunn bestätigt: „Der Kreis der Türkeireisenden ist sehr übersichtlich.“Der Regierungsstil von Erdogan schrecke einige Kunden ab. Viele bezahlen lieber mehr und entscheiden sich für ein anderes Ziel wie Spanien oder Griechenland. Zu den neuesten Entwicklungen habe sich bisher bei ihr noch niemand erkundigt.
Bei einer Sache sind sich die Reisebüros im Landkreis aber einig: Sobald die neue Meldung über die aktualisierten Hinweise bei den Kunden ankomme, werde es noch zahlreiche Stornierungen und Umbuchungen geben.